P-KM 282

Möge der Dieb meiner Nummernschilder mit diesem Kennzeichen möglichst viel Pech haben. Mindestens so viel, wie ich jetzt Rennerei, die mich davon abhält professionell auf die Europameisterschaft vorzubereiten.

(Wer diese Schilder an irgendeinem Auto sieht, denke sich irgendwas Gemeines aus, und setze das sofort in die Tat um. Danke.)


Jermaine Jones, so kriegst Du Deine Emotionen in den Griff

Tatort Potsdam, Yorkstraße auf Höhe der Hausnummer 15, Donnerstag morgen, so 10 vor halb 9: Das Kind schreit mich seit einer halben Stunde an, ich solle gefälligst lieb sein. Aber es sitzt auf dem Fahrrad und es besteht die realistische Chance pünktlich im Kindergarten zu sein. Nachdem wir aus der Hofausfahrt kommen, biegen wir mit 7,5 km/h auf den Fußweg ein und fahren Richtung Dortustraße. Polizeischnuffelmeister A (Typ: Don Johnson für Ossis) und Polizeiwuffelmeister B (Typ: Der Gemütliche) patroullieren auf der Jagd nach dem Killer-Falschparker durch das sonnige Morgengrauen und zeigen Präsenz. Wir fahren aufeinander zu. Das Kind fordert Süßigkeiten. (Also von mir, nicht von der Polizei) Und plötzlich sind wir in einer Situation, die ich in Zukunft als Therapie für Fußball-Profis, die manchmal auf dem Platz dem Gegner körperliche Schmerzen zufügen wollen (und das dann auch tun), vermarkten werde.

Polizist A und B nehmen in Windeseile die machtdemonstrierende, bürgersteigfüllende Aufstellung ein. Ich bremse von 7,5 auf 4 km/h, dann auf 0 und komme vor den beiden Tatort-Kommissaren zum Stehen. Das Kind ist kurz irritiert und plötzlich still. (Im Film würde jetzt dramatische Musik einsetzen) Don Johnson ergreift das Wort. Er fragt mich, was ich falsch gemacht habe. Ich weiß es, erkenne aber sofort den rhetorischen Charakter der Frage, antworte nicht, sondern analysiere blitzschnell die Situation. Erster Hinweis, Jermaine, wenn man nicht ganz sicher ist, was hier läuft erst einmal abwarten und gucken, wie es weitergeht. Oft verläuft die Situation unerwartet. Ich werde auch geschwind auf meinen Fehler hingewiesen. Ich bestätige Don Johnson erst einmal in seiner Sichtweise und bekenne mich schuldig, schließlich habe ich erkannt, dass mein Handlungsspielraum begrenzt ist. Das gelingt Dir sicher auch meistens, Jermaine, deswegen geht es jetzt gleich zu Level 2 der “Ruhe-bewahren-Therapie”. Mein Gegenüber ist jetzt aber irritiert, so leicht hat er sich das wahrscheinlich nicht vorgestellt. Stell Dir das so vor, als ob Du Dich bei Marco Reus entschuldigst, nachdem Du ihn ausversehen (also nicht absichtlicht) gefoult hast. Der wäre sowas von verwirrt. Jedenfalls fragen mich Crocket und Tubbs jetzt, warum ich das gemacht habe. Nicht ohne hinterherzuschieben “Sie müssen nicht antworten, sie haben nicht die Pflicht der Polizei Auskunft zu geben”. Was ist das, Jermaine? Richtig, eine ziemlich billige Provokation. Jetzt ist der Zeitpunkt einmal tief durchzuatmen, kurz nachzudenken und ordnungsgemäß die Wahrheit zu sagen. (Kind, schreit, Eile, Bordsteinkante) Die Unterhaltung hätte an dieser Stelle mit einem Strafzettel oder einer mündlichen Verwarnung beendet sein können. Rhetorisch geschickt nimmt der Tatort-Kommissar aus dem Märkischen aber seine Sonnenbrille ab und meine rhetorische Vorlage (Kind) auf und schlägt noch einmal zurück. “Sie wissen ja, dass das nicht erlaubt ist. Wenn jetzt ein anderes Kind kommt, könnten Sie das ja umfahren”) Die Erfahrung sagt, dass jetzt alle verbale Kommunikation sinnlos ist. Das ist wie ein Schiedsrichter, der sagt “Ich muss Sie jetzt leider vom Platz stellen, sie wissen ja, dass Ihr Verhalten …”. Für unser therapeutisches Vorhaben für testosterongeladene Fußballspieler egal aus welchem Elternhaus ist die Situation aber optimal. Noch einmal tief durchatmen. Kurz die Augen schließen. Die Augen wieder öffnen. “Ja” sagen. Warten. Gedanken an körperliche Schmerzen wegatmen. Niemanden auf den Fuß treten. Keine Kopfstöße verteilen. Einfach vorstellen, dass das nicht geht, weil dann das Fahrrad mit dem Kind umkippt. Die Sheriffs abziehen lassen. Konfrontationstherapie Deluxe.

Nach so einer Extremsituation braucht es natürlich ein gutes tiefenentspannendes Workout. Also, Jermaine. Kind in die Kita. Zurück. Frische Luft. Ins Auto. Schön die Sitzheizung auf 5 drehen. Dann so Musik hören, die Du jetzt nicht vor einem Champions-League-Spiel auflegen würdest. Was schönes.

10 Minuten mit dem Auto zum Arbeitsplatz, Trainingsgelände, etc. cruisen. Je nach persönlichem Suchtprofil, ne Zigarette rauchen, nen schönen Kaffee trinken und – wichtig – beim Bäcker eine schöne Apfeltasche kaufen. Wenn das gelingt, prophezeie ich, dass Du nächstes Mal dem komischen Reus nicht auf den Fuß latschen musst.


15. Februar

13 Jahre ist der Film mit ihr alt. Mitten aus der Indiephase Ende der 90er. Sieben Jahre ist dieser eine 15. Februar her. Es ist nicht so klischeehaft, wie man manchmal sagt. Es fühlt sich nicht an, wie gestern. Sieben Jahre sind eine lange Zeit. Am Wochenende nach diesem 15. Februar vor sieben Jahren gewann der FC Bayern mit 5:0 in München gegen Borussia Dortmund. Die Tore schossen Salihamidzic, Pizarro und dreimal Makaay. In der Startaufstellung standen Herren wie Deisler, Scholl, Sagnol und Lizarazu, den sie sehr mochte und sich deswegen, nachdem ich langsam den Fußball ins Haus gebracht hatte, immer freute, wenn die Bayern jemand nachdrücklich aus dem Stadion schossen. Fußballerisch eine andere Zeit. Und neben vielen anderen Sachen, an die ich immer an einem 15. Februar denke, und die zu privat sind, frage ich mich manchmal auch, was sie zu dem Fußball der deutschen Nationalmannschaft von heute gesagt hätte bzw. ob sie den Robben für das Managerspiel-Team, was sie gegründet hat und ich seitdem weiter führe, auch gekauft hätte. (Dieses Managerteam gewann in der Saison 2004/05 dann auch paradoxerweise den Titel im hauseigenen Managerspiel und seitdem habe ich den Erfolg dieser ersten Saison nie mehr wiederholen können. Was fast auch eine Geschichte hierfür wäre, irgendwie) Schöne Erinnerungen, obwohl der 15. Februar ein trauriger Tag ist.

Auf Warten – Waiting For (1999) from Made For Full Screen on Vimeo.


Sport auf Seen vor Schlösser und Gärten

Vor zwei Jahren sinnierte ich noch bei Matschepampe-Wetter über das Potential des architektonischen Paradoxum vor meiner Haustür. Was der Stadtkanal in Potsdam doch für eine traumhafte Winter-Freiluft-Eisbahn wäre. Mit allem Firlefanz. Heute, am 4.2.2012, wo sich ganz Deutschland unter dem von der Bild als “Russenkälte” bezeichnetem Wetter erfreut, wird meine These noch einmal untermauert.

Man muss dazu wissen, dass der Heilige See eine etwas spezielle Rolle in der Geschichte und im Lebensgefühl der Stadt Potsdam spielt. Das schnuckelige durch den Hasengraben von der Havel getrennte Binnengewässer grenzt an der einen Seite an den “Neuen Garten”, sorgsam bewacht und hergerichtet wie zu Friedrichs (des Zweiten) Zeiten von der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten, an der anderen Seite an ein Wohngebiet, was seit 1989 von Prominenz und Halbprominenz wie Jauch, Joop  und anderen bewohnt wird. Würde die Hertha mal einen Weltstar und nicht Felix Bastians zur Winterpause verpflichten, müsste man ihm schon hier eine Wohnung oder ein Haus anbieten. Und nicht irgendeine Hütte im Grunewald. Außerdem ist der Heilige See natürlich in erster Linie ein See mitten in der Stadt und wird deswegen im Sommer zum Baden benutzt. Gerne. Viel. Völlig egal, ob im Park oder bei Günni fast im Vorgarten. Schätzungsweise 84,5% aller Potsdamer Gymnasiasten lagen im Schnitt 4,7 Mal bekifft oder betrunken nachts am See, haben total aufregend nackt gebadet und sich von Parkwächtern mit der MagLite ins Gesicht blenden und sagen lassen, dass “nachts der Park zu ist und man sich trollen soll.”.

Jedenfalls friert dieser See immer wenn Friedrich der Zweite einen runden Geburtstag hat oder eine Russenkälte das Land überrollt zu. Das ist schön, denn gegen das Eis haben der Grundstückspreis und die Sicherheitsvorkehrungen keine Chance. Das Eis macht alle gleich und bringt den RocknRoll in die geschützten Bereiche der Gesellschaft. Oder den Glühwein. Oder den Sport.

Womit wir beim Thema wären. Das hier ist schließlich ein ernsthaftes Sport-Blog.

Nicht nur, dass man Günther Jauch in den seltenen Tagen der geschlossenen Eisdecke in den Garten glotzen kann. (Da fallen mir übrigens zwei Sachen ein. Einerseits muss ich aufpassen, dass das nicht negativ rüberkommt, was ich über Günther Jauch schreibe. Nicht dass mir meine Arbeitgeber noch geschäftsschädigendes Verhalten vorwirft. Also Günther. Alles dufte, was Du da machst im Fernsehen. Andererseits wie schwierig es ist, einem fast 4-jährigem Kind den Status einer Fernsehprominenz zu erklären. “Das ist einer, der da wohnt, der ist berühmt, weil er im Fernsehen ist”. “Warum haben wir ihn dann heute nicht gesehen?” “… äääähm. Der hat sich wahrscheinlich gerade im Fernsehen versteckt. hmmm.”) Aber darum geht es wie gesagt nur am Rande. Wichtiger ist vielmehr die ganz wunderbare Atmosphäre, wenn Eishockeyspieler, Langläufer, Familien, Hunde und Fahrradfahrer den See in Beschlag nehmen. Voller Leidenschaft, mit Glühweinverkauf auf dem Eis, Menschen, die Schnee schieben um ein Hockeyfeld freizuräumen und einer ganz eigenen und guten Laune. Und das ist dann wirklich ein Moment, wo ich persönlich den komischen Königen ganz dankbar bin. Dafür dass sie da ein ganz nettes Ambiente fürs winterliche Sportvergnügen hingebaut haben. Macht schon mehr Spaß als am Schlaatz, wenn man das Marmorpalais im Hintergrund hat.

Ganz so, wie ich mir das für den Stadtkanal erträumt hätte, weil man da immerhin ein wenig weniger von sibirischen Temperaturen abhängig wäre. Aber egal. Ich ärgere mich nicht weiter darüber, dass man lieber alte Könige feiert ohne was aus den Bauten, die sie hinterließen zu machen. Sondern bereite mich mental darauf vor, das Kind wie die Mutti von Kati Witt auf die Pyeongchang 2018 zu trimmen. “Los. Das schafftst Du. Geht doch. Und morgen dann den Rittberger, klar? Jetzt nicht heulen! Eine Runde noch.”

In echt stimmt das natürlich gar nicht. Sondern ich freu mir nen Loch in Bauch, dass das Kind grün-weiße Schlittschuhe hat, die sogar größenverstellbar sind und hoffentlich noch zwei Winter halten. (Auch wenn die Hose farblich nicht passt) Und dass das Wetter, die Kulisse und das Licht mich vergessen lässt, dass heute fast alle Bundesligapartien unentschieden ausgingen, was a) langweilig ist und b) keiner tippt.

Raus mit Euch und Schlittschuhlaufen!


Discgolf

Wetter scheiße, dafür Park leer.


Gitarrendiebe, ihr seid Schweine

Dem Arschloch, der meinen Bass aus meinem Auto geklaut hat, sollen die Zähne ausfallen. Er möge sich an den Enden der Saiten stechen, eine fiese Blutvergiftung holen, nie wieder eine Freundin finden, alleine Weihnachten feiern müssen und für den Rest seines Lebens mit einer Tätowierung dieses Rammstein Songs auf der Stirn rumlaufen müssen. Auch wenn mich das an die liebreizende Geschichte der PDM-Rückholsquad erinnert, Instrumente klauen ist dreckig und verachtenswert.

[update]

Fender Deluxe P-Bass (Mexiko) (2004). Ich hab keine guten Fotos. Er sieht ein bisschen aus wie hier. Heute gibt es das Ding allerdings nur noch als Aktiv-Bass zu kaufen. (Unterschied. Meiner hat nur drei Knöppe zum drehen) Relativ selten, da es ein Precision Bass mit einem zusätzlichem Jazz-Pickup ist. Farbe rot  mit einem komisch goldenem Schlagbrett. Wer ihn findet, kriegt ganz viel Alkohol seiner Wahl.

bass


Potsdamer Paradoxa: Der Stadtkanal

Als grundsätzlich Sportinteressierter bin ich in den letzten Tagen wieder einmal auf ein erstaunliches Phänomen in meiner näheren Nachbarschaft gestoßen. Die Landeshauptstadt Potsdam, die ja nicht unter Mangel an Sehenswürdigkeiten leidet, kam auf die lustige Idee, den 1965 zugeschütteten Stadtkanal wieder auszubuddeln.

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Ich habe den Stadtkanal nicht mehr im Original erlebt, es gibt glaubhafte Geschichten, dass die ganze Suppe wie Hölle gestunken hat. Auch erschließt sich mir der architektonische Reiz eines Straßengrabens inmitten einer gut befahrenen Straße nicht wirklich. Man könnte jetzt an dieser Stelle die in Potsdam bekannte Diskussion zwischen denen, die alles, was irgendein oller Preuße mal irgendwo hingebaut hat und in der DDR weggemacht wurde, wiederhaben wollen und denen, die zurecht sagen, dass Preußen als solches seit 1918 nicht mehr existiert und man sich ja mal um die Jugend und nicht so sehr um Sichtachsen kümmern sollte, aufmachen. Aber darum geht es ausnahmsweise nicht.

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Sommer 2009

Das wird ein schönes Transferfenster diesen Sommer. Eine Runde Würfeln auf diversen Trainerpositionen. Eine Runde “Neuaufbau” in diversen ambitionierten Teams und eine Reihe von Spielern, die “sich verändern” wollen. Garniert mit einer Runde “Ich muss spielen, um in Südafrika dabei sein zu dürfen.” Und ein Transfer wie der von Diego, oder besser noch von Ribery kann die ganze Chose anstoßen. Ich freue mich sehr. Es wird wieder viel von Konzepten, Zukunftsvisionen, strategischen Entscheidungen, Fundament, etc. die Rede sein, um nach 3 Spieltagen alles in Frage zu stellen. Das wird ein schöner Sommer.


Heute mal Frisbeegolf

Die Proffis nennen Frisbee-Golf ja Disc-Golf. Im Potsdamer Buga-Park kann man das auch auf einem echtem Parcours betreiben oder den Experten zusehen. Im Eigenbau geht das aber auch auf jeder kleinen Wiese. Man nehme eine Pappkiste und einige möglichst unterschiedliche-farbige Frisbees. Die Regeln sind einfach. Ein Männeken platziert die Kiste und legt die Par-Zahl fest, danach geht es los. Es gelten Golfregeln in Bezug auf Out of Bounds (Bäume, Gestrüpp, etc.) und wer als nächstes wirft. Wer ein Loch (Kiste) mit den wenigsten Schlägen meistert, positioniert beim nächsten Mal die Kiste. Die Würfe werden aufgeschrieben, wer nach 9 oder 18 Runden die wenigsten hat, gewinnt und darf die Kiste mit nach Hause nehmen.

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Eine Kreislauf-anregende Betätigung ohne viel Stress. Man kann den Kinderwagen mitnehmen und muss keine Angst haben, dass pubertierende Blödköppe ausversehen dem Nachwuchs einen Fußball an die Kutsche knallen. Ideal für laue Sommerabende, wie gestern.

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Als Service, ein Scoreboard zum Ausdrucken und selber eintragen.


Back in the days when I was a teenager – Marathon und Sportabi

In Vorfreude auf die neue Zound Zero Single “Back in the days” gab es an dieser Stelle Erklärungen, warum ich nicht mit disziplinarischen Maßnahmen rechnen muss, wenn ich eine Weihnachtsfeier zu früh verlasse oder bis halb 5 in einer Disko rumhänge. Teil 1, Teil 2 und Teil 3 beschrieben mein Weg über Badminton, Fußball zu Basketball.

Stolz wie Uli Hoeness bei der Vertragsunterzeichnung von Frohnk präsentiere ich jetzt hier “Back in the days – Wie früher Pt. II” und während Ihr Euch das Lied anhört, könnt Ihr Euch den letzten Teil der Serie zu Gemüte führen.

[audio:http://zoundzero.parkdrei.de/audio/Zound Zero – Back in the days.mp3]

(Download)

In der Sekundarstufe Zwo interessierte ich mich aus unerfindlichen Gründen nicht wirklich für Sex, Drugs & Rock’n’Roll. Ich konnte zwar alle Nirvana Platten auswendig, lebte aber sehr gesund, trieb sehr viel Sport und mich wenig in Etablissements der Popkultur rum. Basketball, Fußball und im Sommer Radtouren durch unberührte finnische Wälder. Im Überschwang beschloss ich in einer langweiligen Französischstunde Ende der 12. Klasse mit Alex, dass jetzt mal Zeit für einen Marathon wäre. Absurderweise schreckte es mich auch nicht ab, dass nach und nach alle anderen Interessenten absprangen. Durch die 2000 Kilometer mit dem Fahrrad fühlt ich mich fit, ich las Waldemar Cierpinskis “Meilenweit bis Marathon” und ignorierte alle, auch dort geäußerten, guten Ratschläge. Und nachdem die 80 Mark Anmeldegebühr für den Berlin-Marathon Ende September bezahlt waren, gab es sowieso kein zurück mehr.

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Trainiert habe ich circa 2 Monate ernsthaft, wobei in meinem Trainingsbuch auch das obligatorische Fußball und Basketballspielen als vollwertige Einheit abgerechnet wurde. In Spitzenzeiten bin ich aber zweimal pro Woche 20 bis 25 Kilometer gerannt, schön im Sommer und zum Schluss immer den Ruinenberg im Sprint hoch. Den einzigen Rat von Waldemar, den ich befolgte, war der, ungefähr einen Monat vor dem eigentlichen Wettkampf mit dem Rennen aufzuhören. Im September hab ich dann also nur noch Basketball und Fußball gespielt. Mental habe ich mich aber weiter gut vorbereitet und fleißig Hochrechnungen und Marschtabellen im Kopf hin und her jongliert.

Irgendwann stand ich dann also wie ein Schneider, aber mit toller Nummer, in der letzten Gruppe auf der Straße des 17. Juni und joggte so bestimmt eine Stunde nach Abel Anton über die Startlinie. Ich verfolgte etwas befremdet wie die Läufer um mich rum die Arme hochrissen und jubelten als sie durchs Brandenburg Tor flitzten. Ich starrte auf meine Uhr und gab mir Mühe nicht schneller, als die von mir Pi mal Daumen festgelegten 5 Minuten pro Kilometer zu rennen. Mein Ziel war eine Zeit zwischen dreieinhalb und vier Stunden. Die ersten 1,5 Stunden waren locker, ich nahm regelmäßig alle 5 Kilometer den Streckenimbiss zu mir und freute mich des Lebens. Irritierend war einzig, dass soviel Verkehr war. Damals waren auch schon so 18.000 Leute unterwegs, wenn man die ganze Zeit nur alleine oder im Sportunterricht ein bißchen Langstreckenlaufen macht, hat man ja schon meistens seine Ruhe und plötzlich muss man aufpassen, dass man keinem anderen ambitionierten Hobbysportler in die Hacken tritt. Dann musste ich aufs Klo und verbrauchte ungefähr eine Minute vom schon rausgelaufenen Polster auf die 5 Minuten im Dixie Haus. Richtig weg tat es dann zwischen Kilometer 25 und 35. Mir war zu Ohren gekommen, dass Anhalten eher schlecht ist, weil man dann schwer wieder in die Pötte kommt. Ich schleppte mich also von einer Verpflegungsstelle zur nächsten, brauchte plötzlich so um die 6 Minuten für 1000 Meter und sabberte Tee übers T-Shirt.

So gegen 7 Kilometer vor Schluss stellte sich die Gewissheit ein, dass ich jetzt auch nicht mehr aussteige und das setzte neue Kräfte frei. In meiner, sicherlich nicht ganz realistischen Erinnerung bin ich die 500 Meter Zielgerade auf dem Kudamm im Sprint gelaufen ohne einmal Luft zu holen. Das mit dem Sprint stimmt, das mit dem Luftholen, naja. Jedenfalls war ich mit meinen 3:32’54” sehr zufrieden. Wenn man die Minute auf dem Dixi-Klo abzieht, kommt das fast genau hin mit dem Schnitt von 5 Minuten pro Kilometer. Insgesamt immerhin Platz sechtausendirgendwas und in meiner Altersklasse – ich war ja noch A-Jugend – Platz 49. Meine Familie habe ich im Zielbereich nicht gefunden. Ich musste mit S-Bahn nach Hause, Treppen steigen tat sehr weh. Als ich zu Hause ankam, war ich aber relativ gut erholt, legte mich in die Badewanne und aß zwei Döner auf einmal.

Nach diesem ganzen Trara lag es auch Nahe Sportabi zu machen. Leichtathletik, Basketball, Theorie. Was sich für den gut trainierten 13. Klässler erst einmal ganz überschaubar anhört, ist auf den zweiten Blick relativ tückisch. Die beiden praktischen Prüfungen fanden am selben Tag statt. Morgens von 9 bis 12 Uhr ein Vierkampf aus Sprint, Sprung, Wurf und Mittelstrecke und ab 14 Uhr dann zwei Stunden Basketballprüfung.

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Die Normen für Leichtathletik sind knackig. Wenn man da in allen vier Bereichen – bei mir 100m, Weitsprung, Kugel und 1500 Meter – als 19jähriger solide im 1er Bereich agiert, könnte man auch über eine Karriere als Zehnkämpfer nachdenken. Man fackelt immerhin dreieinhalb Schnellkraftdisziplinen innerhalb von drei Stunden ab. Als Ausdauertyp habe ich Kugelstoßen am meisten gehasst. So eine echte 6,5 Kilo Kugel kann ganz schön schwer seinen, wenn man vorher schon 100 Meter gesprintet ist und 6 Weitsprünge hinter sich hat. Ich rettete mich mit einer 2 durch Leichtathletik, dafür gab es im Basketball wie vorher eingeplant 15 Punkte. In der theoretischen Prüfung hatte ich ein paar Wochen später die lustige Aufgabe, wie ich als Trainer eine Basketballjugendmannschaft auf ein Jugend trainiert für Olympia-Finale vorbereiten würde. Für eine gute Schulnote musste ich also mein Selbstverständnis verraten und ernsthaft was von Erwärmung faseln.

Mit dem Trocknen der Tinte der 14 Punkte im Prüfungsfach Sport auf dem Abizeugnis endete auch meine Teenagerzeit und meine ambitionierte Sportwelt. Durch die Schule fiel die Form für das ganze sportliche Rumgehampel weg. Wir hatten schlicht nicht mehr zur gleichen Zeit Zeit. Im nächsten Jahr war ich dann Zivi, lernte Zigaretten selbst zu drehen und profitierte endlich von 10 Jahren klassischem Gitarrenunterricht. Meine immer noch sehr gute Grundlagenausdauer nutzte ich für lange Nächte auf Konzerten, in Diskos und für den Rückweg morgens um 5 mit dem Fahrrad. Umso unverständlicher finde ich, dass im Doppelpass-Ideologie-getränkten Proffifußball immer noch die Meinung vorherrscht, dass es bei einem durchtrainiertem jungen Mann wie Herrn Krstajic oder Herrn Rakitic irgendeine Rolle spielt, wenn der 72 Stunden vor einem Spiel, mal zwei Stunden später als sonst schlafen geht und das Bier nicht vorm Fernseher sondern an der Bar trinkt.

Aber Popkultur und Leistungssport sind in Deutschland noch nie gut Freund gewesen. Deswegen antworten im Kicker alle Akteure auf die Frage nach dem letzten besuchten Konzert auch mit sowas wie “Pur 1992” oder “ich gehe nicht auf Konzerte”.

Erst durch das Entstehen der fußball-affinen Musikkapellen “malmö FF” und “Zound Zero” trat ich wieder in den regelmäßigen Spielbetrieb ein. Als des Deutschen liebstes Kind dann wieder Fußball, immer Sonntags. Immerhin habe ich jetzt durch die Rapmusik ebenso wie Ze Roberto und Ailton einen amtlichen Künstlernamen, den ich mir aufs Trikot pinseln könnte, wenn wir mal reich und berühmt werden sollten und ich mit Michi Schuhmacher Scherriti-Fußball spielen müsste.

Im Gegensatz zu Zecke Neuendorf müsste ich auch nicht extra ein Bild malen, damit der Name anerkannt wird sondern könnte ganz entspannt einen Stapel CDs mitbringen.


Back in the days when I was a teenager – SpVgg Potsdam 42 e.V.

Um die Wartezeit auf die neue, speaktakuläre Zound Zero Single “Back in the days” zu verkürzen, an dieser Stelle und in loser Folge eine sachkundige Analyse, warum Dirk Nowitzki im Moment der einzige Deutsche in der NBA ist und ich nicht bei den Seattle Sonics auflaufe. Teil 1 und Teil 2 beschrieben die vergeblichen Versuche im organisierten Jugendfußball Fuß zu fassen und den triumphialen Gewinn eines Converse Pullovers beim Streetball.

Ende der 12. Klasse beschlossen Knopper, Gazza und ich auf dem Mattenwagen in der Schulturnhalle, dass jetzt gefälligst endlich ein eigener Basketballklub hermüsse. Wir hatten halbherzig versucht bei den beiden städtischen Vereinen USV und OSC Fuß zu fassen und stellten fest, dass der Trainingsbetrieb nicht unseren Wünsche entsprach. Da gab es deutlich zu viel Erwärmung. Wir sprachen mit irgendeinem ominösen Fuzzi vom Polizeisportverein über die Gründung einer Basketballabteilung. Er deutete aber bei einer Limo im Klosterkeller an, dass er in den nächsten fünf Jahren den Aufstieg in die Bundesliga erwartete. Das konnten wir ihm leider nicht garantieren und ich war auch ganz froh, da ich mich noch in meiner autonomen Phase befand und mich nicht mit der Vorstellung anfreunden konnte, in einem Polizeisportverein Bälle in einen Korb zu werfen.

Deshalb gründeten wir die SpvGG Potsdam 42 e.V. und machten alles selbst, Satzung abschreiben, mit 7 Männeken Verein gründen, zum Notar rennen, Gemeinnützigkeit beantragen, Hallenzeiten beantragen, dem Brandenburgischen Basketball Verband und dem DBB beitreten. Den ganzen bürokratischen Quatsch halt, der junge enthusiastische Sportler vom Eintritt in den organisierten Ligabetrieb abhalten soll. Der Name SpVgg wurde gewählt, um Lokalredakteure und Kampfgerichte, die die Abkürzung nicht kannten, zum Aussprechen des phonetischen Ungetüms SchpFfeGG zu bringen. Die 42 … Naja. Douglas Adams halt. Nach Aufforderung konnten wir aber auch andere Geschichten zur Herkunft der Zahl erzählen.

Zur Saison 1996/97 starteten wir dann im Landespokal und der untersten Klassen in Brandenburg, der Bezirksliga. Für einen Sieg gab es eine rosa, für eine Niederlage eine gelbe Kopie des Spielberichtes, der je nach Kampfgericht mal sehr liebreizend, mal sehr schlampig ausgefüllt war.

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Auf dem abgebildeten Exemplar erkennt man, dass ich persönlich in dieser Begegnung 4 Fouls kassierte, was so ungefähr meinem Schnitt entsprach. Allerdings verwandelte ich in der letzten Minute eiskalt zwei von zwei Freiwürfen und wir gewannen das Spiel durch einen Dreier Sekunden vor Schluss. Wir waren ziemliche Exoten in der Liga. Fangen wir mal mit unseremTeam an: Wir hatten einen “Star”, das war Thomas, der war echt gut. Dann gab es zwei Typen, die man mit viel gutem Willen als Center einsetzen konnte. Das heißt die waren 1,90 groß und wogen ein bißchen mehr als 70 Kilo. Weiterhin uns 5 Dreizehntklässler, bis auf Alex allesamt Hänflinge. Knopper erzählt zwar immer, er ist 1,90 groß, er wog damals aber nur 60 Kilo und konnte nicht zur Abschreckung gegen unsere Gegner, gestählt in den Fitnessstudios des Landkreises Potsdam-Mittelmark, eingesetzt werden. Außerdem wirkte Bruderherz mokko mit – da er damals zarte 14 alt war, musste ich für 10 Mark eine Ausnahmegenehmigung kaufen, damit er mittun durfte. Genauer betrachtet also 5 Aufbauspieler, zwei Shooting Guards und 2 Small Forwards. Physische Dominanz war das nicht.

Wir besaßen schicke schwarze Trikots und eine sehr eigenwillige Spielweise. Ich trug die Nummer 6. Eigentlich wollte ich die 3, aber diese Nummer ist ja leider im europäischen Basketball nicht erlaubt. Najaegal.

In grenzenloser romantischer Verklärung der Vergangheit und unter Missachtung meiner Fähigkeit zur realistischen Einschätzung unserer Fähigkeiten heroisiere ich jetzt unser einzigartiges und kreatives Spielsystem. Dieses bestand aus genau keinem festgelegtem Spielzug – wir trainierten nämlich nie, sondern spielten nur. Dafür aber aus bedingungslosem Einsatz, psychologischer Kriegsführung und viel jugendlicher Naivität. Mein persönliches Idol war Kurt Rambis, das war der Tüp, der als einer der wenigen Weißen im Team der Lakers von Magic Johnson Schleifspuren aus Schweiß aufs Parkett zauberte und für diese Drecksarbeit von Magic bestimmt 28 Ferraris geschenkt bekam. Gazza hatte sämtliche Bücher von und mit Phil Jackson und sämtliche Werke über Zen Buddismus auswendig gelernt. Und Knopper hatte für Notfälle immer einen Kaugummi für verschiedene Gelegenheiten dabei und war abwechselnd Scottie Pippen und Michael Jordan.

Es ging also immer Samstags oder Sonntags in eine Provinzhalle um einen Doppelspieltag abzufeiern. Die derbste Klatsche kam gleich zu Beginn als wir in der ersten Pokalrunde mit 33:147 untergingen. Das lag unter anderem daran, dass der Gegner zwei Klassen höher spielte, wir nur mit 6 Mann antraten und ausgerechnet die beiden größten Leute zu Beginn der zweiten Halbzeit wegen Meckerei in Richtung Kampfgericht mit technischen Fouls vom Platz flogen – wir uns also zu viert noch zwanzig Minuten der Bernauer Dampfwalze gegenüber sahen.

Ich finde es im Rückblick sehr erstaunlich, welche Emotionalität und Aggressivität ich Sonntags morgen um 10 an den Tag legen konnte. Normalerweise schläft man schließlich um diese Uhrzeit noch. Aber sobald ein Schiedsrichter den Ball hochwarf, rannten wir wie blöd über den Platz. Dabei gab es folgende Aufgabenverteilung:

Ich war dafür zuständig die Gegenspieler zu entnerven. Mit erbarmungsloser Deckung auf der einen Seite und wilden Dreierwürfen und unkontrollierten Moves in die Zone. Ich musste mich, obwohl Aufbauspieler, weiterhin in jeden Rebound schmeißen und dem gegenerischen Team damit klar machen, dass wir keine Angst haben. Das führte an guten Tagen dazu, dass alle vor mir Angst hatten, an schlechten, dass ich ab Minute 5 mit drei Fouls belastet war.

Knopper sorgte durch betonte Gleichgültigkeit zu Beginn immer dafür, dass keiner ihn ernst nahm. Wenn es seiner Laune entsprach, explodierte er dann kurz und warf ein Korb nach dem anderen. In der Defensive verwirrte er Gegenspieler mit unerschöpflichen Repertoire an Gemeinheiten. Ich erinnere sehr gerne an die Diskussion, die er mit einem flegelhaften Potsdamer Flügelspieler führe. Der Herr hatte auf unseren Hallenfußboden gerotzt. Knopper erklärte ihm über mehrere Angriffe seines Teams geduldig aber mit der nötigen Strenge, dass er das bitte sauber machen solle und hielt ihn eine Zeitlang von der Teilnahme am Offensivspiel seiner Mannschaft ab. Ein weiteres bewährtes Hilfsmittel: Wenn er beim Tempogegenstoß als einziger gegen drei anfliegende Tüpen stand, ließ er seinen Kaugummi aus dem Mund fallen und rief kurz und ganz ernstgemeint “Stop”, schirmte die Stelle ab uns suchte das Leckerli. Erstaunlich, welche Fehler in solchen Situationen der Überraschung vom Gegner produziert wurden.

Gazza war Geheimwaffe, Motivationsguru und Scharfschütze. Da Potsdam eine kleine Stadt ist und das Umland auch nicht besonders groß, waren wir irgendwann in der Liga bekannt. Gazza wurde immer unterschätzt bis abschätzig vom Gegner verspottet. Das lag unter anderem daran, dass er sich nicht an die damals angesagten Streetball-Klischees hielt, sondern lieber wirklich nachlas mit welchen asiatischen Künsten Phil Jackson die Bulls zu ihren Titeln führte und gerne deswegen auch vor dem Spiel meditierte. Außerdem war er nicht besonders schnell und sah auch nicht gefährlich aus. Es bewährte sich deshalb in besonderen Situationen den arrogantesten Gegenspieler von Gazza in Manndeckung nehmen zu lassen. Egal ob der 2 Meter groß war oder die 100 Meter unter 12 Sekunden lief. Der Kollegen dachte über diese Herabschätzung unsererseits dann meistens die 40 Minuten, die ein Spiel dauert, nach und war somit intellektuell so beschäftig, dass er seine sportliche Leistung nicht abrufen konnte und Gazza konnte ein Wurf nach dem anderen ins Ziel bringen. Sollte man auch mal im Proffifußball probieren.

Es ist natürlich illusorisch zu glauben, dass man so viele Spiele gewinnt. Wir schafften es aber so immerhin, oft genug den Ball zu unserem Topscorer zu spielen, der dann auch die Torjägerkanone (wie heißt das eigentlich im Basketball?) gewann, warfen immer mal Dreier und versenkten die Fast-Breaks. Damit kamen wir zum Ende der Saison auf eine positive Sieg-Niederlagen Bilanz und schlossen mit einem respektablen dritten Platz ab.

Fürs folgende Jahr sollten wir laut Satzung des Brandenburgischen Basketballverbandes mindestens eine Jugendmannschaft sowie einen Schiedsrichter stellen. Außerdem ging Thomas nach Amerika zum Auslandsjahr (er trug dann im HighSchoolTeam in Erinnerung an uns die 42) so dass wir uns außerstande sahen die kommenden organisatorischen und sportlichen Herausforderungen zu meistern. Wir meldeten uns also ehrenhaft wieder vom Spielbetrieb ab und lösten den Verein auf. Dabei kam uns zu Gute, dass die Eintragung ins Vereinsregister sowieso nicht klappte. Ich hatte die Bemerkungen des zuständigen Amtsgerichtes schlicht und ergreifend nicht verstanden uns es in 5 Schreiben verteilt über ein Jahr nicht hinbekommen den einen Satz so zu formulieren, dass man das OK fand.

Knopper und ich versuchten es dann in der Mannschaft des USV Potsdam, unseres ehemaligen Konkurrenten. Aber erstens gab es da wieder Erwärmung und zweitens jede Menge Spielzüge, die nicht funktionierten, für uns aber bedeuteten, dass wir als Flügelspieler, sofort den Ball wieder zum Aufbauspieler zurückpassen sollten. Wir saßen auch oft auf der Bank und warteten dann, dass wir reinkamen und wieder dem Aufbauspieler die Bälle zupassen konnten. Ein schönes Spiel gab es nochmal, als man uns nach aussichtslosem Rückstand zur Halbzeit, mal eine Weile durchspielen ließ und wir nochmal wie gewohnt, machen konnten was wir wollten. Wir gewannen zwar nicht mehr, hatten aber nochmal Spaß und kamen bis auf 10 Punkte wieder ran.

Als die tonangebenden Männeken in der Trainingsgruppe dann anfingen in der Turnhalle nur noch englisch zu reden und auch so immer verspannter wurden, beendete ich meine Basketballkarriere. Der Realismus, mit meinem Fähigkeiten nicht in die NBA vorzustoßen, war immer da, warum sollten wir uns also so benehmen? Sportlicher Ehrgeiz hat ja schließlich nichts mit Attitüde zu tun sondern in meinem Fall meistens mit einem Ball und einen Ort, wo man den hintun soll. In diesem Sinne sollte ich eigentlich mal wieder eine Hallenzeit organisieren und einen roten Ball in ein Netz werfen. Mal schauen, ob ich überhaupt noch an den Ring komme. In meinen besten Zeiten hab ich immerhin mit Volleyball ‘nen Dunking geschafft. Und das mit 1,79.


Back in the days when I was a teenager – Jugend trainiert für Olympia und Streetball

Um die Wartezeit auf die neue, speaktakuläre Zound Zero Single “Back in the days” zu verkürzen, an dieser Stelle und in loser Folge einige Rechtfertigungen, warum ich trotz größter Bemühungen NICHT im aktuellen Kader von Bayern München auftauche. Der erste Teil steht hier und beschrieb die ernüchternde Erfahrung mit dem Jugendtraining bei Motor Babelsberg und meine Erfolge als Badminton-Spartakiadist.

Im Zuge des Mauerfalls beendete ich meine Badminton-Laufbahn. Wahrscheinlich weil es am Samstag ab sofort sowieso keine Schule mehr gab, die durch Spartakiadeteilnahmen hätte ausfallen können. Im turbulenten Jahr 1990 wagte ich dann den nächsten Ausflug in den organisierten Jugendfußball. Auch ich blickte wie alle guten deutschen Proffis von Weltrang über den Tellerrand und radelte selbständig wieder mit Christian, der auch nicht mehr bei Motor Babelsberg war, von Potsdam über den Schäferberg nach Wannsee um beim dortigen FV vorzusprechen. Wir durften mittun und auf beleuchtetem Kunstrasen trainieren. Ich war aber wie Michi bei Chelsea zur falschen Zeit am falschen Ort und wurde nicht für Ligaspiele gemeldet. Warum weiß ich auch nicht, vielleicht war dem Trainer die politische Großwetterlage noch nicht stabil genug und er wollte sich nicht auf die neuen Stars aus dem Osten (von Wannsee aus ja eigentlich Westen) verlassen und dann machen die die Grenze wieder zu und der Verein steht dann blöd da, oder so.

Wir wurden von der Mannschaft auch mehrheitlich geschnitten und ich wurde einmal tierisch zusammengeschissen, weil ich bei einer Übung bei einem Sichtungsturnier den Ball nie annahm und abspielte, sondern getreu Arsene Wengers OneTouchFootball immer direkt weiterpasste, was nicht Sinn des Trainingselementes war. Irgendwann suchten wir dann lieber verirrte Golfbälle im Wald oder riefen an, dass wir nicht zum Training kommen können, weil wir den Kachelofen zu Hause bewachen müssen. Sonst würden wir nämlich alle, wenn wir wieder kommen, an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung ersticken. Nach einem halben Jahr waren mir die insgesamt 16 Kilometer hin und zurück mit dem Fahrrad über den Berg zu viel. Die Hertha-Trainer wissen schon, warum sie ihre Kicker, da zum Straftraining hochschicken.

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Danach gings auf Gymnasium und es war erst einmal Sense mit Fußball. Nach dem Gewinn der WM kam auch von der unschlagbaren Nationalmannschaft nicht mehr viel. Mit Berti ging es bergab. Und das Olympia-Dreamteam von 1992 um Jordan, Magic Johnson und Larry Bird strahlte deutlich mehr Sexappeal aus, als Kalle Riedle und Konsorten. Den Basketballern nachzuahmen schien mir auch in Bezug auf die eigene Attraktivität auf Frauen die bessere Wahl. Ich las die Biographie von Magic Johnson und ging jeden Tag in die Mausefalle Korbwürfe üben. Alleine. Ich wollte die Schmach der ersten Teilnahme unserer Gymnasiumsstufe bei “Jugend trainiert für Olympia” vergessen machen. Da sind wir nämlich wie die Schneider aufgekreuzt. Von uns acht Achtklässlern waren zwei Schwimmer, einer Kanute, zwei Leichtathleten, iche Badmintonspieler und ein paar die gänzlich unsportlich waren. Wir machten, glaube ich, im ganzen Turnier 3 oder 4 Körbe.

Ich hatte aber Lunte gerochen, zumal uns immerhin mit Tommy Thorwart ein späterer ALBA-Spieler den Zwei-Schritt-Rhythmus beibrachte. Wir hatten ihn zufällig in einer Turnhalle getroffen, seine Schule, die Sportschule war der große Gegner auf Stadtebene und er galt schon damals als großes Talent.

Nach so drei Jahren Training, in der 11. Klasse, wurden wir dann langsam konkurrenzfähig. Mangelnde Körpergröße wurde durch bedingungslosen Einsatz und Trainig mit Ältereren kompensiert. In dieser Zeit hing ich mit einigen Gestalten, die auch jetzt hier im Tipspiel rumspringen an mindesten 3 Tagen pro Woche in irgendeiner Turnhalle rum.

Fußball spielten wir auch noch, aber nur Sonntags auf einem Schotterplatz. Völlig überraschend gewannen wir auch einen Stadtwettbewerb bei Jugend trainiert für Olympia. Wir hatten ein paar fiese 13. Klässler im Team. Wir schossen glücklich in mehreren Spielen das 1:0 und die großen Jungs gaben dann die Devise aus, die Bälle über den Zaun zu dreschen und die knapp bemessene Spielzeit runterlaufen zu lassen. Da es keine Ersatzbälle gab und ich damals schon kunstvolle Befreiungsschläge beherrschte, gelang das. Ich hatte meine Berufung als Abwehrspieler gefunden.

Nach diesem Kleinfeldturnier auf Schotter ging es zum Landesfinale nach Brandenburg. Der große Platz überforderte uns. Wir verloren mit großem Einsatz und ich kassierte die erste und einzige Rote Karte meiner Fußballerkarriere – nach einer Grätsche mit 5 Meter Anlauf im Mittelfeld. Ich fühlte mich gut, dachte ich habe ein realistische Chance auf den Ball, überschätzte aber die Standfestigkeit meiner profillosen Basketballschuhe auf dem nassen Rasenplatz. Zu meiner Enttäuschung war die Rote Karte, die mir gezeigt wurde nur eine Zwei-Minuten-Zeitstrafe. Aber Fußball interessierte mich damals eh nur am Rande. Basketball war deutlich cooler.

Ab 1993 daddelten wir auch auf jedes dämliche Streetballturnier zwischen Wohngebiet und Olympiastadion Berlin. Die Sportartikelhersteller überboten sich mit Turnieren und wir spielten teilweise in bis zu drei Teams mit. Manchmal war’s etwas anstrengend, wenn man im Mixed auf Ghettogangster, die die eigenen Frauen im Team beeindrucken wollten, traf, die mich sensiblen Gymnasiasten mit Trash-Talk und fiesen Fouls zum Weinen brachten. Aber meistens sehr schön. Wir verloren immer respektabel gegen übermächtige Gegner und gefielen uns in der Rolle der Underdogs, die immer mal überraschend einen Sieg erkämpften.

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Wir flogen spektakulär durch die Luft und gewannen am liebsten gegen Teams, die uns ob unserer im Schnitt knapp über 1,80 und 65 Kilo unterschätzten oder gegen Kraftsportler. Damals spielten alle Basketball und der Kick war immer, dass man vor Beginn ja nicht wusste, wie gut die anderen waren. In guten Momenten fühlte ich mich, wie auf dem Bild, sehr Air-Jordan mäßig. Was dieses Kopftuch sollte, kann ich mir aber heute auch nicht mehr erklären. Der einigen bekannte Knopper, der hier im hauseigenen Managerspiel gerne mit radikalen Methoden versucht sein Team an die Spitze zu führen sah damals noch ganz brav aus, entwickelte in dieser Zeit aber eine Art der psychologischen Kriegsführung auf dem Court, die uns sehr zu Gute kam. Eine sehr wirkungsvolle Variante war das Zeigen von totalem Desinteresse seinem Gegenspieler gegenüber um dann wenige Sekunden später zu explodieren. Es war erstaunlich, wie wenig die Streetballer damit klar kamen, wenn man bei ihren Sprungwürfen demonstrativ einen Schritt zurückging und sie NICHT blocken wollte. Da auch Knopper keine Karriere mehr im Basketball anstrebt, werde ich einige Trick demnächst hier noch einmal ausführlicher verraten.

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Das Spielsystem der Streetball-Challenges habe ich nie ganz verstanden. Auf jeden Fall gewannen wir 1996 irgendeinen Teil der Converse Veranstaltung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir die besten Basketballer der ungefähr 1000 jungen Herren da vor Ort waren, aber der Spielplan sagte: “Finale” und das haben wir gewonnen. Lohn waren eine Converse Tasche und der Champion-Pullover. Die Tasche wurde von der ganzen Familie gerne benutzt. Oben abgebildeter Pullover weist eine akzeptable Qualität auf, ich besitze ihn immer noch und wenn mich heute eine Mittelfußdistortion einschränkt und ich beim Fußballspielen ins Tor muss, ist er Teil meines stilsicheren “Lew Jaschin-Outfits”. Da ich damals keine coolen britischen Indiepopper kannte und nur Nirvana hörte, wähle ich das Kleidungsstück meiner Modevorliebe entsprechend in XL. Dieser zu dieser Zeit sehr angesagte Kartoffelsackschnitt kombiniert mit dem Grauton machten den eventuellen eigenen Attraktivitätsbonus als Gewinner eines Turniers der Trendsportart schlechthin natürlich sofort wieder zunichte. Das ist mir heute auch klar, aber das ist eine andere Geschichte.

Zu dieser Zeit konnte man uns nachts wecken und wir beteten alle Kader der NBA runter. Der Weg der deutschen Fußballmannschaften wurde nur noch am Rande verfolgt. Die demnächst folgenden Highlights meiner sportlichen Laufbahn sollten dann auch nichts mit Fußball zu tun haben.


Back in the days when I was a teenager – Motor Babelsberg

Um die Wartezeit auf die neue, speaktakuläre Zound Zero Single “Back in the days” zu verkürzen, an dieser Stelle und in loser Folge einige Rechtfertigungen, warum ich von der Auslosung zur WM-Qualifikation trotz größer Bemühungen nicht persönlich, also als Aktiver, betroffen bin.

Ich war so sportmäßig eher ein Spätstarter. Ich verfüge meiner Meinung nach zwar über ein einigermaßen vorzeigbares motorisches Talent, das versteckte sich in der gerade aktuellen Sportart aber immer einige Jahre, bevor es zum Vorschein kam. So landete ich als ich mit Mama und Papa am Schreibtisch so Anfang der 2. Klasse eine Sportart festlegen sollte auch nach reiflichen Abwägen zwischen Handball, Fußball und diversem anderen Gedöns bei der Trendsportart des nächsten Jahrzehnts (Ja, das ist eine Prognose) nämlich Badminton. Mitte der 80er bedeutete das bei der BSG Turbine Potsdam (heute BC Potsdam), dass ich in einer typischen, miefigen Schulturnhalle in Zentrum-Ost mit Holzkeulen Naturfederbälle über Netze drosch. Nach einer Weile gab es für ungefähr 200 DDR-Mark eine quasi Leichtmetallkeule aus der Tschecheslowakei. Ungefähr von der Qualität der Schläger, die es jetzt immer mal im 1 Euro Laden für 3,50 gibt. Von nun an hatte ich aufgrund der samstags stattfindenden Stadt- und Bezirksspartakiaden immer mal schulfrei. Eine positive Nebenerscheinung, rein sportlich war die Perspektive begrenzt, da es kaum Wettbewerbe auf nationaler Ebene gab. Keine förderungswürdige Sportart eben.

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In der dritten Klasse war ich dann mental bereit, es mit Fußball zu probieren. Las ich doch schon stolz wie Bolle selbstständig die Sportberichte über die BSG Stahl Brandenburg in der Märkischen Volksstimme und wollte so werden wie Eberhardt Janotta, Andreas Lindner und später Steffen Freund. So brach ich also frohen Mutes mit meinem Freund Christian Anfang Mai 1987 zum Jugendtraining von Motor Babelsberg auf. Neben dem ehrfurchtgebietenden Karl-Liebknecht-Stadion durften wir dann auch mit mir völlig ungewohnter Strenge des Trainers garniert zum Warmlaufen rund um den Ascheplatz aufbrechen. Es wurde irgendwann auch einige Male gegen den Ball getreten. Es erschien mir äußerst illusorisch, von der Eckfahne, wie verlangt, den Ball bis in den Strafraum zu befördern. Und dann auch noch hoch. Aber hey, Motor Babelsberg, der Stolz der Stadt, mein Heimatverein, damals immerhin aktiv in der zweithöchsten Spielklasse des Landes. So schnell war ich noch nicht bereit aufzugeben.

Nach Ende der Übungseinheit befahl uns der Trainer die nächsten beiden Termine für die weiteren Sessions. An einem konnte ich nicht, weil ich zur Musikschule musste. Die Jungs machten ernst. Dreimal pro Woche sollte ich mich in Zukunft auf meine Laufbahn als Kicker vorbereiten. Das hieß bei der üblichen Verteilung des Trainings pro Woche immerhin 3 Stunden nur Erwärmung. Aber nicht immer. Das nächste Zusammentreffen fand nämlich ohne Ball statt. Wir kleinen Männeken wurden dazu verpflichtet, auf den Tribünen des Karl-Liebknecht-Stadions mal gründlichst Unkraut zu jäten. Schließlich stand am kommenden Wochenende das Spitzenspiel gegen den unangefochtenen Tabellenführer Hansa Rostock auf dem Programm.

Wir zogen also auf Knien bei schlechtem Wetter über den Stein und meine Einschätzung meiner sportlichen Perspektive relativierte sich wieder. Am Samstag sahen wir dann im (sauberen) Stadion wie Babelsberg 3 zu 0 von Hansa abgeschlachtet wurde. Im nachhinein frage ich mich, ob diese Niederlage Namenspate für die spätere Umbenennung in SV Babelsberg 03 war. Wahrscheinlich nicht. Rostock stieg in dieser Saison auf und war dann später historisch gesehen zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Mit Motor sollte es von nun an immer weiter bergab gehen.

Vielleicht habe ich das unterbewusst richtig analysiert. Wahrscheinlich schien mir aber die Kombination aus dreimal pro Woche Stadion Putzen, Warmlaufen und verzweifelt probieren hohe Ecken vors Tor zu dreschen, um dann irgendwann mit Gebrüll des Trainers auf die linke Verteidigerposition abgeschoben zu werden, einfach nicht sehr verlockend. Ich musste immerhin weiterhin zur doofen Schule, zweimal pro Woche zum Badminton und einmal zur doofen Musikschule. Das lies Probleme mit meinem Zeitmanagement erahnen. Ich tat also das damals einzig Richtige und ging in der nächsten Woche einfach nicht mehr hin. Die Konzentration ging weiterhin in Richtung Badminton-Karriere. Ich ersparte mir damit ein nachhaltiges Fußballtrauma und konnte noch ein paar Spartakiade-Medaillen sammeln und zu obskuren Ligaspielen mit einem Barkas B1000 nach Lauchhammer kutschen.

Meine Badminton-Laufbahn endete erst in den wilden Wendejahren und der beginnenden Pubertät, als ich irgendwann sowieso auf nichts mehr Lust hatte, einfach nicht mehr hinging und meiner besorgten Trainerin, die eines Tages zu Hause vorbei kam, sagte, dass ich soviel zu tun hätte und überhaupt keine Zeit mehr habe.

Ergebnis dieser Episode bei Motor Babelsberg war eine nicht mehr ganz ungetrübte Begeisterung in Bezug auf meinen Heimatverein und eine bis heute andauernde Abneigung gegen Erwärmungen. Und ich hatte auf Dauer abgespeichert, dass das Karl-Liebknecht-Stadion damals immerhin 15.000 Zuschauer fasste (soviel Unkraut) und dass das genau die Stadiongröße war, mit der der SC Freiburg nebst Dreisamstadion in die Bundesliga aufstieg.

Ich verfolgte erst einmal meine passive Fußballerkarriere ohne Fernseher also basierend auf den Berichten in der Zeitung weiter und speicherte in meinem Kopf allerlei unnütze Fakten zum Abschneiden der Oberliga Mannschaften auf den Plätzen Europas. Das Ausscheiden von Brandenburg gegen den späteren UEFA Cup Sieger IFK Göteborg, die Glanztaten von René Müller gegen Girondins Bordeaux und der doofe Marco van Basten der Lok Leipzig im Endspiel um den Pokal der Pokalsieger brachte dafür aber ein schönes Tor gegen die Russen im EM-Endspiel 1988 schoss, sind mir deswegen so präsent, dass es mir noch heute möglich ist, das Ganze komplett ohne wikipedia zu rekapitulieren.

Immerhin etwas.