Tausendprozentig

Klinsmann ist sich “Tausendprozentig sicher, dass Ribery bei uns bleibt.” Das ist schön für ihn. Aber – auch wenn der Duden diesen Begriff mittlerweile kennt – eine mathematische Geschmacklosigkeit bleibt diese Äußerung trotzdem. Genauso wie die üblichen Floskeln vom 110prozentigem Einsatz oder dass alle heute 120% gegeben haben. Wie der mittelmäßig mathematisch Interessierte weiß, ist X größer als 100 von 100 nicht möglich. Auch wurde die Prozentrechnung nicht für das Verbraten in fußballerischen Sekundenstatements erfunden. Gottseidank werden Ergebnisse nicht in dieser Form gemessen. Kaum ein Bundesliagtrainer außer Oberschlaumeier Rangnick könnte die Tabelle richtig deuten. “Tausendprozentige Sicherheit, dass Ribery bleibt” ist übrigens das Selbe wie Zehntausendpromillige Wahrscheinlichkeit. Also ausgemachter Schwachsinn. Wohingegen Ralf Rangnick unbesorgt im nächsten Aktuellen Sportstudio das aggresive Vorgehen der Hoffenheimer mit tausendpromilligem Einsatz und Identifikation mit der Region erklären könnte. Ein wenig mehr Sorgfalt wünsche ich mir da schon, von wegen Vorbildfunktion und so. Allein, ich habe wenig Hoffnung und sehe vor meinem geistigen Auge schon die Kicker Schlagzeile: “Tausendprozentiger Einsatz im 6-Punkte-SpielAuswärtstore zählen heute doppelt.”


Lexikon der Fußballberichterstattung – Er konnte dem Spiel keine entscheidenden Impulse (mehr) geben

Lieblingssatz aller Journalisten, die was über einen Spieler schreiben müssen und so überhaupt keine Ahnung haben, was man denn da so bringen kann.


Lexikon der Fußballberichterstattung – Die Null muss stehen

Verzweifelt kämpferischer Versuch der Vereinsoffiziellen die Schwäche des eigenen Sturms zu übertünchen. Gerne gebraucht vor Europapokalspielen, weil -> Auswärtstore schließlich doppelt zählen. Deutlicher pointierter formuliert von den amerikanischen Kollegen. “Offense wins games, defense wins championships.” Da aber wenig Fremdsprachenkenntnisse in der Bundesliga vorhanden sind, setzte sich diese Formulierung nicht durch. Vielleicht ändert Jürgen Klinsmann das nächste Saison. In Fußballdeutschland eindeutig assoziiert mit dem Holländer Huub Stevens. Zum Abschied eine kleine Träne.


Lexikon der Fußballberichterstattung – Etwas aufbauen

Vom Aufbauen spricht der wechselnde Spieler oder der verpflichtende Sportdirektor gerne, wenn einem sonst kein geeigneter Grund einfällt, warum ein Transfer stattfindet. In liebevoller Umarmung mit dem Neuzugang wird dann auch von “Wir wollen mit ihm etwas aufbauen” oder “Man will mit mir etwas aufbauen” gesprochen. Wenn man zu einem Klub wechselt, der etwas aufbauen möchte – sprich der gerade total mittelmäßig und unsexy ist, schaut der ->schlafende Riese meist schon freundlich aus dem nächsten Absatz des Statements.

Das mit dem Aufbauen hatte ja schon einmal jemand versucht. Hat nicht so ganz geklappt damals. Aber eine schön abstruse Vorstellung, wenn der Eggimann das Lied mit Schweizer Akzent bei der Vorstellung bei Hannover 96 singen täte. Wenn es ihm doch so wichtig ist.


Lexikon der Fußballberichterstattung – “Ich lell’ Dir eine”

Vorbereitet (ab 5:25) und dann versenkt (ab 9:25) von Mehmet Scholl und leider noch viel zu selten benutzt. Auch ansonsten ist der gut gelaunte und schon etwas angeschickert wirkende Scholl sehr sehenswert und wartet mit vielen wahren Ansätzen in Bezug auf den deutschen Fußball, Toni Kroos, den deutschen Nachwuchs und Hamit Altintop auf. Was auch zum nächsten Eintrag im Lexikon der Fußballberichterstattung führt: Er ist in Schalke immer noch (9:05) was laut Scholl soviel bedeutet wie “ein Null zu Null ist Ok.”

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Video via allesaussersport


Lexikon der Fußballberichterstattung – Der neue Maradonna

Per Definition jeder argentinische Fußballspieler unter 23 Jahren, der unfallfrei die Kirsche jonglieren und passen kann. Wenn die ->gebotene journalistische Sorgfalt zugange ist, kann man den neuen Maradonna mit einem Fragezeichen oder der Anschließung “aber da muss man vorsichtig sein” versehen.


Lexikon der Fußballberichterstattung – Er hat viel nach hinten gearbeitet

auch: “Er hat sich für die Mannschaft aufgeopfert” “Er ist viele Wege gegangen”

Synonym für: “Der Stürmer ist unfähig das Tor zu treffen, hat aber trotzdem geschwitzt”. Gegenteil von: “Er steht da, wo man als Stürmer stehen muss”.


Lexikon der Fußballberichterstattung – internationale Fleischtöpfe

Sprachlich veraltete Umschreibung der Tabellenregion, die zu einer Teilnahme an internationalen Wettbewerben berechtigt. Was zum Geier sind Fleischtöpfe? Eventuell ist diese Aussage auf ->Uli Hoeness Doppelfunktion als Verantwortlicher eines Vereines, der desöfteren international agiert und Inhaber einer Fleischwarenfabrik zurückzuführen. Man weiß es nicht.

Mittlerweile ist Fußball sowieso ein ->Business und das Erreichen eines internationalen Wettbewerbes hat nichts mehr mit Genuss und Völlerei, den man mit dem Begriff Fleischtopf assoziieren könnte, zu tun. Vielmehr ist heute die Rede von ->wirtschaftlicher Notwendigkeit.


Lexikon der Fußballberichterstattung – Emotionen

Ohne sie wäre Fußball nur halb so schön, sagt der journalistische Begleiter gerne. Wahlweise auch: Davon lebt der Fußball. Emotionen machen die Bundesliga zum ->Premium-Produkt. Nicht als Emotion sondern als zu bestrafende Unsportlichkeit zählen hingegen Emotionen wie Trikot ausziehen (Gelbe Karte), Arschloch sagen (8.000 Euro), die Werbebande durch Tritte am Eindringen in den gegnerischen Strafraum hindern. Der Grat ist schmal. Deswegen wird vor Saisonbeginn folgendes Emotions-Cheat-Sheet an Spieler und Fans verteilt.

Emotion Fans Gut:
Bunt im Gesicht anmalen.
Wie blöd auf der Tribüne rumtanzen.
Wenn der Stadionsprecher den Spielstand verkündet immer Bitte und Danke sagen.
Ganz viele Trikots, Schals und Kutten auch vom VfL Wolfsburg kaufen.
Die Sonntagsspiele im DSF ertragen.

Emotion Spieler Gut:
Nach einem Hattrick der Mannschaft danken.
Mit hochrotem Kopf jedes Mikrofon nach Spielende vollsabbern.
Nach (!) dem Spiel Trikot in den Fanblock werfen.
Nach Torerfolg Grimassen in die Fernsehkamera schneiden.
Trailer für das DSF mit Worten wie “Super-Sonntag” einsprechen.

Emotion Fan Schlecht:
Gute Emotionen filmen und bei Youtube reinstellen.
Freitags- und Sonntagsspiele doof finden.
Sich über schlechte Stimmung beschweren.
Gegnerische Spieler beschimpfen.
Leuchtraketen abschießen.

Emotion Spieler Schlecht.
Trikot vor Abpfiff ausziehen. Erkältungsgefahr.
Schiedsrichter in Frage stellen.
Arschloch sagen.
persönliche Emotionen zeigen (Ausnahme Emotion Spieler Gut)


Lexikon der Fußballberichterstattung – UEFA 5 Jahreswertung

Ein bürokratisches Monster, das über die Anzahl der Startplätze für ->Champions-League und ->UEFA-Cup entscheidet. Jeder internationale Pflichtspielvergleich bringt Punkte, für das ganze Land. Deutschland rangiert momentan und wohl auch demnächst auf Rang 5. Das ist auf das Fehlen von Fernsehgeldern zurückzuführen, begründen Uli Hoeness und Andreas Müller nach einem Unentschieden gegen Rosenborg Trondheim gerne.

Für den Fall, dass Hertha BSC und der VfL Wolfsburg noch einige Zeit aus internationalen Wettbewerben ferngehalten werden können, besteht die Chance, dass Frankreich demnächst vielleicht wieder eingeholt wird. Das wäre dann das Verdienst der hervorragenden Arbeit in den Führungsetagen der Bundesligisten.


Lexikon der Fußballberichterstattung – Auswärtstore zählen doppelt

Eine sich auf den europäischen Wettbewerb beziehende und trotzdem definitv falsche Aussage, die sich aber in den letzten Jahrzehnten allein durch Wiederholung so in den Köpfen von Spielern, Trainern und Managern festgestetzt hat, dass sie jeder glaubt. Wenn Auswärtstore doppelt zählen würden, wäre ich nach einem 2 zu 3 auswärts und einem 0:0 zu Hause nämlich eine Runde weiter.

Dabei ist die eigentlich Regel in Bezug auf die Auswärtstore so einfach.

Die Regel kommt nur zur Anwendung, wenn beide Mannschaften nach Hin- und Rückspiel die gleiche Anzahl Tore aufweisen. Die Mannschaft, die dann mehr Auswärtstore aufweisen kann, gewinnt.

Einzig auf diesen Irrtum und nicht auf eventuell veraltete Trainigs- und Managementmethoden ist das schlechte Abschneiden der Bundesligisten in den europäischen Wettbewerben und der ->UEFA 5 Jahreswertung zurückzuführen.


Lexikon der Fußballberichterstattung – Eier

Braucht man laut Olli Kahn. Auf Nachfrage erklärte er, dass er damit männlichen Siegeswillen und ->Aggressivität meine.

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Lexikon der Fußballberichterstattung – Spiel des Jahres

Findet in der Fußballbundesliga einmal wöchentlich statt. Man darf sich nicht täuschen lassen. Es handelt sich also nicht um eine zeitliche Variable. Lichtjahre misst schließlich auch eine Entfernung. Gekürt wird das Spiel des Jahres entweder am Samstag von Steffen Simon oder spätestens am Sonntag vom DSF. Das Freitagsspiel kann nie Spiel des Jahres werden, da es nicht im Free-TV zu sehen ist und es somit keine zu verkaufenden Werbeplätze gibt. Seitdem die Sonntagsspiele erst um 22 Uhr im Fernsehen laufen, greift man des Öfteren zu Begriffen wie ->Spiel des Jahrzehnts oder ->Hammerspiel.


Lexikon der Fußballberichterstattung – gebotene journalistische Sorgfalt

Geprägt durch Sportjournalisten ohne ->Eier wie Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann, die mit diesem Begriff, eine vermeintlich nicht ganz so kuschelige Frage an einen Gesprächspartner aus dem Sportgeschäft einleiten. Optisch zu erkennen ist die gebotene journalistische Sorgfalt durch ein Stirnrunzeln, akkustisch durch ein leichtes Absenken der Stimmfrequenz. Nach dem gebotenem Ausweichen des Gesprächspartners und der kurzen Betroffenheitspause wird die gebotene journalistische Sorgfalt zugunsten des ->Gewinnspiels in der Halbzeit vertagt.


Lexikon der Fußballberichterstattung – Das 6-Punkte-Spiel

Mit diesem Begriff möchte der journalistische Spielbegleiter ausdrücken, dass das Spiel wichtig für alle Beteiligten sei. Ein 6-Punkte-Spiel ist ein solches meistens nur vor dem Anpfiff, weil man nach Spielende meistens feststellt, dass es wider Erwarten doch nur drei Punkte für den Sieger gab. Wenn ein 6-Punkte-Spiel sehr spektakulär und dramatisch war, hat es gute Chancen ein ->Spiel des Jahres oder ->Hammerspiel zu werden.

Nun muss man sich auch als distanzierter Beobachter auch nicht dümmer stellen, als man ist. Gemeinhin stützt sich die Milchmädchenrechnung auf folgende Annahme.

Mannschaft A steht gegenüber Mannschaft B nach einem Sieg gegen B um 6 Punkte besser da als nach einer Niederlage.

Die 6 Punkte beziehen sich also auf die Differenz der gehamsterten Gesamtpunkte in der Meisterschaft. Wenn man aber mit der ->gebotenen journalistischen Sorgfalt nachfragt, wird man feststellen, dass das auf jedes Spiel A gegen B zutrifft. Nur dass die Differenz bei Bayern gegen Duisburg nicht so interessiert. Man könnte also bei dem nächsten Aufeinandertreffen von Nürnberg und Cottbus einfach von einem Spiel zwischen zwei direkten Konkurrenten im Kampf um ein vorher zu definierendes ->Saisonziel sprechen. Zumal der Terminus 6-Punkte-Spiel die durchaus vorhandene Wahrscheinlichkeit eines Unentschiedens nun überhaupt nicht abdeckt. Bleibt man im Deutungsraster würde dann nämlich blitzeschnell ein 0-Punkte-Spiel entstehen. Und zwei solche Partien in 7 Tagen heißen auch nicht 12-Punkte-Woche sondern ->Woche(n) der Wahrheit. Insofern gibt es leider keine Berechtigung und auch keine stichhaltige logische Begründung für den Begriff und er darf in Zukunft nur noch aus nostalgischen Gründen von Udo Lattek im Doppelpass verwendet werden.