Zensurenkonferenz

Aus purem Glaube an die Kraft der Statistik schreibe ich seit Jahren nach jedem Spieltag die Noten, die das Zentralorgans des deutschen Fußball an die kickende Zunft vergibt auf kleine Karteikarten. Heute morgen fand das Kind die zufällig beim Ausräumen der Schreibtischschublade. Und als ich kurz Zähne putzen war, hat das Kind das mal zusammengerechnet. Als ich das Ergebnis sah, war ich einigermaßen erstaunt.

Die Statistik zeigt die Verteilung aller Zensuren bis zum 25. Spieltag aufgeteilt nach Saison. Es scheint in Nürnberg einen Aufpasser zu geben, der darauf achtet, bei der Notenvergabe immer schön im Korridor zu bleiben. Selbst letzte Saison, als für unsportliches Betragen Sechsen verteilt wurden, ist diese Zahl nicht signifikant höher als dieses Jahr (2007: 53, 2008: 46) Auf jeden Fall taugt dieses Instrument nicht dazu, mit Hilfe der Benotung der Spieler die Qualität der Bundesliga zu beurteilen. Tendenzen muss man mit der Lupe suchen: Die Extremnoten 1 und 6 werden tendenziell mehr. Den Unterschied zwischen einer 3 und einer 3,5 muss mir mal jemand erklären. Es scheint aber, dass es deutlich schwerer ist, als Profi eine 3,5 oder eine 4,5 zu erreichen, als die entsprechende gerade Note. 2008/09 gab es das erste Mal mehr Dreien als Vieren. Die Unterschiede in der Verteilung dieser beiden häufigsten Noten sind aber marginal. Eine fiese Fünf ist saisonübergreifend immerhin die vierthäufigste Note. Da wird doch gerne von Redakteursseite mal ein Zeichen gesetzt.

Nach dem Notenschnitt muss man auf jeden Fall eher Jogi Löw und nicht dem Marketingsprech der DFL und der schreibenden Zunft glauben. Die Leistungen der Bundesliga sind eher so befriedigend bis ausreichend. “Da gehört ja auch immer ein Gegener zu”, “Wir verdienen ja auch so wenig mit TV”  und “Die Engländer sind auch nicht besser” tönt es jetzt reflexartig aus mehreren Ecken. Würde eine bundesdeutsche Schule aber über 4 Jahre so einen Abischnitt aufweisen, stände Frau Professor Doktor Schavan persönlich vor der Tür und würde vorschlagen, es mal mit Ganztagsschule zu versuchen oder den Laden dicht machen.

Nein, natürlich ist das nicht zu vergleichen. Aber wenn das Kind weiter Spaß an Statistik hat, werden wir uns in diesen Zahlensalat mal demnächst noch ein wenig tiefer einarbeiten. Auch wenn das natürlich nicht ganz wissenschaftlich korrekt ist, weil ich gerade nicht einschätzen kann, ob beim Zusammenzählen einzelne Karteikarten aufgegessen wurden.

5 Kommentare

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5 Responses to “Zensurenkonferenz”

  1. Adam Ries

    Aus mathematischer Sicht müsste die Noten einer Gauss-Verteilung folgen, mit einem Mittelwert knapp unter 4 und einer Standardabweichung von ca. 0.5. Das ist laut Urs Siegenthaler ein Naturtheorem. Aber anscheinend halten sich die Nürnberger Kickernotare nicht stringent daran, denn offenbar bevorzugen Holzschuh&Co. ganze Noten. Nachkomma-Noten sind eindeutig unterrepräsentiert. Möglicherweise hat den Jungs vom Kicker keiner erklärt, dass Komma-Noten nicht wehtun. Oder manche von Ihnen wissen einfach nicht, ob sie Punkt-Fünf oder Komma-Fünf schreiben sollen und vermeiden solche Spitzfindigkeiten.

    Interessant wäre auch die Notenvarianz über die Saison! Möglicherweise erkennt man dann, dass in den entscheidenden Phasen (Ende der Hinrunde, Rückrunde ab ca. Mitte März) die Ausschläge stärker werden, die Leistungen zu den Extremen neigen. Die Analogie zu Sechs-Punkte-Spielen, sozusagen!

  2. Adam Ries

    Aus mathematischer Sicht müsste die Noten einer Gauss-Verteilung folgen, mit einem Mittelwert knapp unter 4 und einer Standardabweichung von ca. 0.5. Das ist laut Urs Siegenthaler ein Naturtheorem. Aber anscheinend halten sich die Nürnberger Kickernotare nicht stringent daran, denn offenbar bevorzugen Holzschuh&Co. ganze Noten. Nachkomma-Noten sind eindeutig unterrepräsentiert. Möglicherweise hat den Jungs vom Kicker keiner erklärt, dass Komma-Noten nicht wehtun. Oder manche von Ihnen wissen einfach nicht, ob sie Punkt-Fünf oder Komma-Fünf schreiben sollen und vermeiden solche Spitzfindigkeiten.

    Interessant wäre auch der Verlauf der Notenvarianz über die Saison! Möglicherweise erkennt man dann, dass in den entscheidenden Phasen (Ende der Hinrunde, Rückrunde ab ca. Mitte März) die Ausschläge stärker werden, die Leistungen zu den Extremen neigen. Die Analogie zu Sechs-Punkte-Spielen, sozusagen!

  3. Das lernen meine Studenten an der TU Berlin im Grundstudium. Sie lassen sich aber erst später prüfen. Ich bin mir sicher, Herr Lx-Seal steuert diesem Wissenschaftsportal bei Interesse einen einwandfreien Chi-Quadrat-Test zur Notenverteilung bei.

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