Trainer. Du hast keine Lizenz!

Der DFB und Matthias Sammer sind sehr stolz auf ihre Trainerausbildung. Strukturiert nach A-C Trainer bis zur höchsten Weihe “Fußball-Lehrer” hat man ein hübsche Pyramide gebastelt, die das Selbstverständnis unterstreicht.

Die Zeiten, in denen der Trainer „nur“ der Übungsleiter war, sind längst vorbei. Der Trainer von heute ist Lehrer, Animateur, Vertrauensperson und Übungsleiter in einem.

Das ist sicherlich richtig. Es ist zu begüßen, dass keine Pappis mit Fahne und Bierbauch am Samstag Morgen kleine Kinder anschnauzen, weil sie insgeheim immer noch denken, dass es eine reiner Zufall ist, dass sie nicht Bundesliga-Profi oder mindestens Bundestrainer geworden sind. Eine fundierte Ausbildung ist für gute Ausbildung und den Aspekt der allgemeinen sportlichen Betätigung ohne Zwang des Berufswunsches “Profi-Kicker” unerlässlich.

Matthias Sammer meint zum Ansinnen des VfB Stuttgart, seinen Lehrer, Vertrauensperson, Übungsleiter und Animateur Markus Babbel auch in der nächsten Saison zu beschäftigen:

“Die Vereine müssen begreifen, dass diese Teamchef-Konstellation nicht mehr geht.”

Babbel ist nämlich kein Fußball-Lehrer wie Peter Neururer, Udo Lattek, Ernst Middendorp oder Lothar Matthäus. Ich, als Vater einer fußballerisch hochbegabten 11 Monate alten Tochter und Fan des Fußballprofisports muss Herrn Sammer aber an dieser Stelle widersprechen und seine Pyramide umdrehen. Ich finde es deutlich wichtiger, dass meine Tochter, falls sie beschließt ihre Karriere nicht als sagenumwobener Straßenfußballer sondern im Verein zu beginnen, einen kompetenten und geschulten Trainer bekommt – also im Zweifelsfall nicht Markus Babbel, weil der Pädagogik mit H und Pschychologie mit Ü schreibt. Sonst nimmt sie aus Frust auf einmal schon in der fünften Klasse Drogen, weil Babbel sie “mit der Erfahrung seiner 200 Länderspiele” aber ohne weiteren Plan im Linken Mittelfeld aufgeboten hat. Dann steht das Jugendamt vor der Tür, die Dinge nehmen ihren Lauf und ich stehe auch irgendwann mit 50 schlecht gelaunt auf dem Trainingsplatz und schreie kleine Kinder an, dass sie blind sind undsoweiter.

Wenn hingegen der Vorstand des mittelständischen Konzerns VfB Stuttgart beschließt, ihre hochbezahlte und durch zahlreiche Mental-Trainings geschulte Profimannschaft von einem Typen ohne ein Trainerdiplom anleiten zu lassen, ist das ganz allein ihre Baustelle. Es entstehen dem Steuerzahler keine Kosten, Babbel hat eine sinnvolle Aufgabe und der Mannschaft scheint es auch zu bekommen. Im Zweifelsfall entsteht wirtschaftlicher Verlust, das Geweine über den Absteig ist groß und Mario Gomez wechselt entnervt zum 1. FC Köln. Alles nicht so schlimm. “So ist Fußball” würde Udo Lattek sagen und auch eine Lizenz als Fußball-Lehrer schützt weder vor Entlassung noch vor beruflichen Versagen.

Trainer einer Bundesligamannschaft ist ja auch keine Beruf wie beispielsweise Arzt oder Ingenieur im Kernkraftwerk sondern eher so etwas wie Journalist. Dafür gibt es auch Ausbildungen, sicherlich nicht immer verkehrt. Aber letztendlich kann sich jeder guten Gewissens auf seiner Visitenkarte “Journalist” nennen, er muss nur jemand finden, der seine Ergüsse druckt oder sendet. Das gilt sogar für Matthias Sammer und auch Markus Babbel. Und wenn der Tagesspiegel Matthias Sammer als Chefredakteur im Ressort Sport einstellen will, würde das auch nicht am DJV scheitern. Und Babbel hat offensichtlich ja jemand gefunden, der ihn trainieren lässt. Wo ist das Problem?

Wieder einmal also so ein Fall, wo der DFB in seinem Wunsch, die Deutungshoheit über den Fußball und seine Ausübung sowie Inszenierung zu behalten, maßlos über das Ziel hinaus schießt.

Und wenn man mal der Argumentationslinie des DFB folgt, wundert es doch sehr, dass man zum Trainieren einer Frauen-Bundesliga-Mannschaft dann nur A-Trainer sein muss.

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