Zugluft oder wann hat der Kicker Miro Klose wieder lieb?

Eine zentrale Frage für Arbeitgeber des Nationalstürmers in diversen Managerspielen der Welt. Aber fangen wir von vorne an.

Am Donnerstag war ich in der schönen Stadt Leipzig. Sie wird für ihren nicht vorhandenen Bundesligaclub und die testosteron-überladene Fanfeindschaft zwischen den beiden heimischen Vereinen Lokomotive (vorher auch VfB Leipzig) und Sachsen Leipzig (vorher auch Chemie) – sehr schön geschildert unter anderem in Clemens Meyers “Als wir träumten”, aber das spielt hier keine Rolle – von der Deutschen Bahn mit dem absoluten ICE-Entzug bestraft. Der Leipziger Hauptbahnhof verhindert in seiner Funktion als größter Kopfbahnhof des Kontinents außerdem durch komplexe Winde (Zugluft) auf den Bahnsteigen das pünktliche Eintreffen von Ersatzzügen und hat im November ein eigenes Konjunkturprogramm für Erkältungen aufgelegt. Dementsprechend durchgefroren war ich erst sehr viel später als vom Coach erlaubt zurück in meinem Bett und Müller-Wohlfarth diagnostizierte am Freitag eine schwere Erkältung. Als Profi kennt man aber keinen Schmerz, wenn es um den eigenen Verein geht und so brach ich trotzdem am Nachmittag auf zum Auswärtsspiel nach Rom. Das Mannschaftshotel genügte nicht unbedingt Champions-League-Ansprüchen, aber besser als wieder eine Reise ins bitterkalte Osteuropa, dachte ich mir. Mit Francesco Totti haben die ja auch einen echten Star, den kann man sich ja mal anschauen.

Gesagt getan, am Fußballsamstag brachen wir mittelmäßig ausgeruht Richtung Stadion auf. Uns kamen auch immer mal Menschen mit “Seven Nation Army” auf den Lippen entgegen. Am Bahnhof konnte man Tottis Fankollektion unter dem Label “NWY – Never without you” erwerben, außerdem Tassen vom SSC Neapel, aber seitdem der Maradonna da nicht mehr spielt….

Vor den Toren versuchten kostümierte Fanbetreuer in Rüstung die Massen zu erheitern. Da ich aber gesundheitlich angschlagen war, der Eintritt doch recht teuer, und das Stadion auch den Hauch von Zugluft verbreitete, entschlossen wir uns gegen einen Besuch. Nach dem WM Zweitausendsechs und den tollen deutschen Stadien bin ich doch ein wenig verwöhnt, scheint mir. In der Audienz beim Papst und beim Beschwören des Fußballgottes in der sixtinischen Kapelle erwähnte ich die Thematik “Miroslav Klose und die überaus strenge Bewertung der Leistungen durch die Postille aus Nürnberg”. Benedikt versprach mir, am Sonntag ein gutes Wort für Miro einzulegen. Man hatte ihm schon ein regensicheres Tribünchen gebaut, die Zugluft-Problematik scheint mir jedoch auch hier nur unzureichend gelöst.

Das Thema brannte mir auf der Seele, schließlich hatte ich bei der Mannschaftsaufstellung am Freitag aus Krankheitsgründen blind auf die erfolgreiche Elf der Vorwoche vertraut und war bei dem Gedanken an Miros Wirken in einem Auswärtsspiel auf Schalke im Nachhinein etwas skeptisch. Mein Mobiltelefon musste aus Sicherheitsgründen während des Aufenthalts im Vatikan ausgeschaltet bleiben. Deswegen erreichte mich die Anfrage von A-Beat zum Besuch des Spieles Hertha gegen Hoffenheim leider zu spät.

Außerdem fiel diese Partie von vornherein in die Kategorie “Hertha-Spiele, die man definitiv nie besuchen sollte”. Sogenannte “Spitzenspiele” unter Beteiligung der Berliner gehen immer 0:0, 1:0 oder 1:1 aus. Oder sie finden wie angeblich legendäre Partien der Champions-League Saison 1999/2000 im vollständigen Nebel statt. Anwesende (bspw. beim 1:1 gegen Barcelona) reden das dann immer mit “Spannung”, “totzdem toll” oder noch billigeren Argumenten schön. Ein natürlicher Reflex. Außerdem zieht es im Olympiastadion immer. Trotz des also für Anwesende bestimmt voll supi, für mich als Radiokonferenzverfolger eher bräsigen 1:0 gegen Hoffenheim, erfreuen sich Hoffenheims Stürmer einer großen Beliebtheit. Nimmt man die Kicker-Noten zum Maßstab.

Miro Klose jedoch nicht. Miro Klose bekommt eine 6. Bei einem 2:1 Sieg seiner Mannschaft auf Schalke. Der Torschütze Luca Toni bekommt eine 4,5. Nach den Zensuren aller eingesetzten Spieler muss das 0:0 zwischen Bremen und Bochum (Durchschnittsnote 3,41) um Klassen besser als das Spiel der Bayern in Gelsenkirchen (Durchschnittsnote 3,84) gewesen sein. Miroslav Klose soll schlechter gewesen sein, als der Halbzeitgeher und Freilaufer Kevion Kuranyi, der sein Köpfchen – von dem nur er weiß, was es fühlt – nicht bei einer von 27 Trillionen Ecken so gegen den Ball halten konnte, dass der absolute King of Strafraumbeherrschung Rensing geschlagen wäre?

Interessiert und wohl unterhalten verfolgte ich die Sonntagsspiele im Warmen im Radio, schockiert las ich Montags den Kicker. Saß der Kicker-Reporter in der Arena auf Schalke schlecht? Wie Reich-Ranicki? Vielleicht gar in Zugluft? Man weiß es nicht. Aber der Umgang der Zensurenkonferenz mit Miro macht mich traurig.

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