Sommermärchen reloaded

So fühlte es sich zumindest an nach dem glücklichen Sieg der deutschen Mannschaft gegen Österreich gestern. Also nicht bei mir, aber bei den hupenden Autos, die dafür sorgten, dass das Kind gar nicht erst in Versuchung kam, die 23 Uhr Mahlzeit zu verschlafen. Es scheint im Moment aber, wie so oft bei schnell nachgeschobenen zweiten Teilen in der Filmindustrie, eher so ein hektisch hingeschluderter Abklatsch zu sein. Sowohl auf dem Platz, als auch vor der Public-Viewing-Glotze. Ich finde ja überbordende Freude total supi, aber so etwas wie ein Grund dafür macht die Sache glaubwürdiger. Und das Spiel der Deutschen war gestern dazu nicht angetan. Nur zur Erinnerung: Es gab ein 1:0 gegen Österreich. Das ist ungefähr so etwas wie ein 1:0 gegen Island, Wales oder Finnland. Also eigentlich eher etwas, wonach ein sichtlich genervter Bundestrainer danach Waldemar Hartmann übermäßigen Alkoholkonsum vorwerfen müsste. Aber seit 2006 ist das ja alles anders, voll positiv, Bussi links und Bussi rechts mit Angela (kurz mal aus Danzig vorbeigejettet) inklusive. Rein sportlich war das genau die selbe langweilige Grütze wie gegen Kroatien, nur dass der Gegner deutlich schlechter war. Mal ehrlich, wieso sollte man bei einer EM vor Österreich Angst haben? Weil die soviele kluge Flanken ins Aus dreschen? Weil die Stürmer vor dem Tor den Ball nicht stoppen können oder einfach nur so danebenschießen? Als Freizeitsportler hätte ich vielleicht Angst vor denen, aber als deutschenationalmannschaft? Österreich hat im ganzen Turnier, also in 270 Minuten genau ein Tor geschossen. Durch einen unberechtigten Elfmeter. Gestehen wir Jogi Löw zu, dass sein Personal nicht ganz auf der Höhe ist und er gerade kein besseres zur Verfügung hat. Da kann auch der beste Trainer nichts machen, wenn Gomez aus 50 Zentimetern den Ball nicht einmal über das Tor sondern einfach nur hoch in die Luft schießt. Aber ein bißchen mehr Slaven Bilic im Bundes-Jogi täte vielleicht ganz gut. Das wohl formulierte Konzept mit dem Ausspionieren durch den Siegenthaler Urs, der Wellness-Oase und der Inszenierung als Bergsteiger und selbstbewusster Haufen funktioniert nämlich nur, wenn man dem Gegner wirklich überlegen ist. Für die jetzt eingetretene Situation – scheiße gespielt und kein Selbstbewusstsein – braucht man aber auch einen Plan B. Vielleicht haben den Löw und Co ja in der Tasche, obwohl ich mir ziemlich sicher bin, dass Bierhoff da nichts beitragen kann, da der nur auf der Tribüne mit Gemahlin knutscht, dann dürfen die ganzen Golfs auf der Straße am Donnerstag weiterhupen. Ansonsten könnte Jogi dann ab Freitag wirklich mal anfangen, das Personal der Mannschaft neu zu sortieren. Mein küchenpsychologisch-geprägter Fußball-Sachverstand sagt mir, dass das nicht unbedingt ein Vorteil ist, wenn gegenüber einem Turnier vor zwei Jahren genau EIN neuer Typ – und das ausgerechnet der indisponierte Gomezzzz – in der Startaufstellung steht. Von wegen neue Impulse, kein Schlendrian, heiß auf Erfolg, jugendlicher Übermut und so.

2 Kommentare

2 Responses to “Sommermärchen reloaded”

  1. Mohawk

    Naja. Man muss den lieben Golf-Hupern aber auch zu gute halten, dass die Messlatte von den Türken, Deutsch-Türken, Deutschen türkischer Herkunft und Deutschen mit türkischem Migrationshintergrund ziemlich hoch gelegt wurde. Es kann ja schließlich nicht angehen, dass in Deutschland nach einem Türkei-Spiel mehr Party ist, als nach einem Deutschland-Spiel. Also wird halt auf Teufel-komm-raus getrötet und gehupt und gegrölt, damit auf tagesschau.de auch ja die gleiche Bildstrecke in schwarz-rot-gold erscheint wie am Vortag in ganz rot.

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