Ich persönlich habe überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn Fußballprofis in den Schlagzeilen auftauchen. Ich finde es zwar verabscheuenswert, dass Diego mit Alkohol im Blut und viel zu vielen PS unterm Hintern durch Innenstädte poltert, aber das liegt einzig an dem Umstand, dass man damit gut und gerne Unbeteiligte gefährdet. Die Bundesliga als Inszenierung eines sportlichen Wettbewerbes in den Medien hat aber durchaus die Pflicht mich nicht nur mit eindimensionalen disziplinierten Fußballer-Lego-Männchen, die immer machen, was Trainer und PR-Berater sagen, zu langweilen.
Leider gibt es in Deutschland nur die Wahl zwischen zwei Polen. Auf der einen Seite die Latteksche Man-Muss-Auch-Mal-Einen-Übern-Durst-Trinken-Rhetorik. Auf der anderen Seite die feste Überzeugung, dass nur absolute Disziplin zum Erfolg führt. Beide Varianten sind mir unsympathisch. Bei Udo Lattek und den ganzen Kumpel-Typen klingt das immer wie mir sehr fremder Bundeswehrhumor. Bei den Disziplinikern heißen Trainer gerne General oder “eisern”, was auch wieder sehr nah an Armeen dran ist.
In der weichgespülten Bundesliga-Welt kommt jetzt noch die von Profis vertretene Sicht des “Ich hab mich wie Sau benommen, bin aber sonst ganz lieb”-Sichtweise dazu. Und das ist ja wohl eine bodenlose Frechheit und das endgültige Eingeständnis, dass man alles ist, nur kein echter Star mit Allüren. Man vergleiche das mit der Popmusik und stelle sich vor Amy Winehouse sagt folgendes: “Mein einziger Fehler war, dass ich nicht wusste, wieviel Koks ich nehmen durfte. Da sind aber auch meine Fans schuld, die immer mehr Platten von mir kaufen, so dass ich soviel Geld habe, dass immer irgendwie Koks da ist.” Ihre Karriere wäre ruiniert. In der Bundesliga kommt man so aber um eine Geldstrafe rum.
Man könnte jetzt einen großen und gewagten Bogen schlagen und argumentativ darlegen, dass das genau ein Beweis dafür ist, dass Musik Kunst ist, die unter das Urheberrecht fällt und man für den Besitz von Tonträgern Geld bezahlen sollte, Fußball hingegen keine schöpferische Leistung im Sinne des Urheberrechtes darstellt und deswegen sämtlich, meiner Meinung nach überheblichen Verbände dieser Welt mal beim Verklagen von Videoportalen und Stadionbesuchern, die Handyfilme bei Youtube hochstellen, mal schön den Ball flach halten sollten. Aber darum geht es heute nicht.
Vielmehr zeigt Diego an diesem Beispiel sehr anschaulich wie langweilig die Exzesschen der Bundesliga-Kicker sind. Keineswegs Popstarwürdig. Diego, Gomez, Kuranyi und Co werden von den Vermarktern des Premium-Produktes in einer Rolle inszeniert, die sie bei Weitem nicht ausfüllen können. Wie auch, wenn man in der Pubertät stundenlang Kopfballpendel macht und Medizinbälle schleppt. Bevor jetzt jemand kommt mit “Aber früher, der Basler, der Effenberg … ” Nein. Das war genauso langweilig. Im Ausland zeigen sich einige wenige viel versprechende Ansätze den Beruf des Profikickers popstarwürdig auszufüllen. Der einzige echte Popstar der Bundesliga in diesem Jahrzehnt aber war Mehmet Scholl und der gab sich auch eher als gereifter und souveräner Thurston Moore und nicht als wilde Sau á la Pete Doherty.
Ich wünschte, es wären mehr.
2 Kommentare
2 Responses to “Disssiplin”
“Leider gibt es in Deutschland nur die Wahl zwischen zwei Polen.”
Klose und Podolski?
Dass man für ein vernünftiges Fussballspiel 10 Feldspieler und einen, ich wiederhole, EINEN Torhüter benötigt, ist den crazy Boys von Wolfshagen vielleicht noch nicht so geläufig, sollte man ihnen aber vielleicht mal sagen. Und auch, dass Feldspieler nicht gleich Feldspieler ist, sondern sie durchaus auch Lieblingspositionen haben. Und dass sie nicht automatisch (besser) spielen, wenn man irrsinnig viel Geld für sie bietet. Euer Ede.