Mittwoch, 08.08.2007, 21 Uhr, Flughafenhotel “Miro’s Inn” (Hannover): Herr Simeone, der Manager des FC Hartz 04, wirkt leicht angespannt, gelegentlich nippt er kurz an seinem Wolters. Ganz klar, hier herrscht großer Druck.
Kicker: Herr Simeone, sind Sie mit dem Verlauf der Saisonvorbereitung zufrieden?
Simeone: Ganz klares Ja. Wir haben die Schwachpunkte der letzten Saison gründlich analysiert und den Sommer für einige Umstellungen genutzt. Denn nur der frühe Vogel fängt die Maus … nein, ich meine natürlich Wurm! (lacht nervös)
Kicker: Sie meinen also, kühle Analyse führt zum Ziel!
Simeone: Genau! Wir hatten ja durch die Abgänge von Kluge, Boateng und Westermann den Verlust von drei Stammspielern zu beklagen. Aber mal ehrlich! So richtig weitergebracht haben sie uns ja auch nicht. Bin gespannt, wie sich die drei bei ihren neuen Vereinen weiterentwickeln werden. Aber zurück zum neuen Kader. Eigentlich bestand ja kein akuter Handlungsbedarf. Alle Mannschaftsteile waren ausreichend stark besetzt und durchaus bundesligatauglich. Aber unser Förderkreis…
Kicker: Ich nehme an, Sie sprechen das großzügige Engagement eines lokalen Autobauers an?
Simeone: Das haben Sie jetzt gesagt! Jedenfalls wurde der Wunsch geäußert, unser Verein, der sich ja traditionell eher als Ausbildungsverein versteht, möge in Zukunft auch oben mitspielen. Europapokalabende und vielleicht auch mal die Championsleague. Die nötigen Mittel wurden uns in Aussicht gestellt und entsprechende Strukturen im Verein geschaffen. Seit Juni herrscht hier eine unglaubliche Aufbruchsstimmung! Jeder hier… (stößt mit der Hand versehentlich das Bierglas um)
Kicker: Zurück zum Kader. Zum ersten Mal wurden dieses Jahr auch einige Hochkaräter verpflichtet! Ein neuer Trend?
Simeone: Das muss die Zukunft zeigen. Fakt ist, dass wir uns vor allem von unseren Wunschspielern Kuba und Vidal großes versprechen. Auch andere Vereine waren hinter ihnen her, doch sie haben sich bewusst für unseren Klub entschieden. Wohl auch, weil sie unsere Strategie für richtig halten. Leider konnten wir unseren Wunschstürmer Zidan nicht verpflichten, doch insgesamt bin ich mit den Neuverpflichtungen sehr zufrieden. Für die Innenverteidigung wurden mit Gledson und Mijatovic zwei exzellente Zweitligaspieler verpflichtet, die sich um den Platz neben Demichelis streiten dürften. Links in der Viererkette wird uns Vidal verstärken. Rechts beginnen wir mit Ochs.
Kicker: Zum Mittelfeld, wo ja schon länger eine große Leistungsdichte herrscht. Wie groß war die Enttäuschung bei denen, die es nicht in die Stammelf geschafft haben.
Simeone: Natürlich riesengroß. Wenn ich Spielern wie Jarolim, Tararache, Masmanidis und auch Blago, die in ihren Heimatvereinen allesamt Stammspieler und Leistungsträger sind, sagen muss, dass es für nur für die Bank oder die Tribüne reichen wird – das sind schon schwere Stunden für jeden Trainer. Aber alle bekommen eine faire Chance und die Saison ist ja lang.
Kicker: Kommen wir nun zum Sturm. Kann Gomez seine Traumsaison bestätigen?
Simeone: Das hoffen wir alle sehr! Er spielt in unserem 4-5-1-System eine ganz entscheidende Rolle. Durch den Konkurrenzdruck mit Pantelic kann sich aber keiner zu sicher fühlen und auf Lorbeeren ausruhen.
Kicker: Sie sprechen die Ehrung „Fussballer des Jahres 2007“ an!
Simeone: Ja, richtig! Natürlich war das letzte Jahr für Mario einfach traumhaft, aber auch die Konkurrenz schläft nicht. Schauen sie sich Fälle wie Podolski oder Schlaudraff an, die nach kurzer Erfolgsstrecke erst mal auf Tauchstation gingen. Das kann heute im Fussballgeschäft so schnell gehen, dass einer die Bodenhaftung verliert. Aber wir sind von Marios charakterlichen Qualitäten vollends überzeugt. Er wird auch in der kommenden Saison für positive Schlagzeilen sorgen.
Kicker: Sicherlich haben Sie auch die Transferaktivitäten der Konkurrenz verfolgt? Halten Sie die Irrsinnsablösen nicht auch für gefährlich?
Simeone: Die Gefahr des wirtschaftlichen Kollapses besteht schon. Bei einigen sehe ich da wirklich große Risiken. Aber das soll die DFL im Rahmen ihrer Lizenzierung entscheiden. Wir können da nur unseren kleinen Anteil liefern. Bei unseren Transfers (36 Mio. Netto, Vorjahre: 35 Mio. bzw. 26 Mio Netto) haben wir auf die ganz großen Namen verzichtet und sind stets unter 16 Mio. geblieben. Wir setzen schon eher auf bezahlbare, junge Spieler, die uns weiterbringen und ihren Zenit noch nicht überschritten haben. Wenn ich höre, 30 Mio. für Ribery oder 70 Mio. für Jansen, Klose und Zé Roberto, das kann eigentlich nicht gut gehen. Wir sind stattdessen nur ein kalkuliertes Risiko eingegangen. Die Verschuldung blieb im Rahmen, zum Saisonende sind wir wieder im Plus. Ganz klar! (legt sich entspannt zurück)
Kicker: Wer macht dieses Jahr das Rennen und was ist Ihr Saisonziel?
Simeone: Als Vorjahressieger muss ich jetzt natürlich die LoveSaviors nennen, auch schon allein aufgrund der Transferaktivitäten. Aber ich sehe da auch im Gegensatz zu unserem Verein in der Innenverteidigung und im Tor echte Schwachstellen! Außenverteidigung, Mittelfeld und Sturm sind schon relativ stark besetzt. Zumindest die erste Elf. Ein großes Fragezeichen bleibt aber die Wirtschaftlichkeit. Da muss man abwarten. Ansonsten ist Überstern Galaktika zu nennen, auch sie haben einen starken Kader und können dank voller Kassen zur Winterpause noch einmal zuschlagen.
Kicker: Und der FC Hartz 04?
Simeone: Wir trauen uns den Kampf um die Spitze durchaus zu. Können da für die große Überraschung sorgen. Der Kader ist sehr ausgeglichen besetzt und wenn wir nicht wieder so ein Verletzungspech haben wie letzte Saison, dann muss man uns auch erst einmal schlagen. Stadion und Umfeld sind wirklich top.
Kicker: Herr Simeone, Sie reden tatsächlich von der Meisterschaft? Bei einem Kader ohne ganz große Stars?
Simeone: (springt auf und wirkt sehr ungehalten) Ich bitte Sie, Herr… Herr Holzschuh! Man muss nicht immer die großen Bayernstars im Kader haben. Mit Gomez, Weidenfeller, Kobiaschwili, Jarolim, Marcelinho und de Jong ist ausreichend Qualität vorhanden und mit Vidal, Kuba und auch Khedira genügend Spieler, die großes Potential besitzen und richtig heiss sind. Es müssen nicht immer Klose, Lucio oder Ribery sein. Diese Fixierung auf die teuren und nicht immer überzeugenden Stars in Deutschland geht mir schon lange mächtig auf die Nerven! (wird noch lauter)
Kicker: Und zum Schluss: Wer wird die große Enttäuschung?
Simeone: Über Vereine wie z.B. Löbtau, Worms und Feg sie weg! brauchen wir hier nicht reden. Diese kleinen Klubs werden es immer schwer haben. Da fehlt einfach das Umfeld und die nötige Ernsthaftigkeit. Aber von den Aktivitäten in Wolfshagen, Helsinki und auch bei Allez-les-Bleus bin ich schon etwas enttäuscht! Da wurde zum Teil wirklich blind eingekauft. Da fehlt einfach die nötige Ausgeglichenheit im Kader. Das kann sich am Ende bitter rächen. Aber so launige Manager wie bei Wolfshagen oder vor allem bei Allez-les-Bleus, die gehören einfach dazu! Wäre schon sehr schade, wenn hier interne Querelen oder der Lizenzentzug zum Aus führen würden. (wirkt sehr nachdenklich)
Kicker: Wir danken Ihnen sehr für das Gespräch und wünschen Ihnen und dem FC Hartz 04 alles Gute für die neue Saison!
Ein Kommentar
One Response to “Teamchefs im Interview: FC Hartz 04”
Ambitioniert, aber es fehlt die innere Ruhe. Nimm zu jedem Bier eine Valium und du bist super ausgeglichen. Das war das Geheimrezept von Trainerlegende Valeri Lobanovski.