Sport auf Seen vor Schlösser und Gärten

Vor zwei Jahren sinnierte ich noch bei Matschepampe-Wetter über das Potential des architektonischen Paradoxum vor meiner Haustür. Was der Stadtkanal in Potsdam doch für eine traumhafte Winter-Freiluft-Eisbahn wäre. Mit allem Firlefanz. Heute, am 4.2.2012, wo sich ganz Deutschland unter dem von der Bild als “Russenkälte” bezeichnetem Wetter erfreut, wird meine These noch einmal untermauert.

Man muss dazu wissen, dass der Heilige See eine etwas spezielle Rolle in der Geschichte und im Lebensgefühl der Stadt Potsdam spielt. Das schnuckelige durch den Hasengraben von der Havel getrennte Binnengewässer grenzt an der einen Seite an den “Neuen Garten”, sorgsam bewacht und hergerichtet wie zu Friedrichs (des Zweiten) Zeiten von der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten, an der anderen Seite an ein Wohngebiet, was seit 1989 von Prominenz und Halbprominenz wie Jauch, Joop  und anderen bewohnt wird. Würde die Hertha mal einen Weltstar und nicht Felix Bastians zur Winterpause verpflichten, müsste man ihm schon hier eine Wohnung oder ein Haus anbieten. Und nicht irgendeine Hütte im Grunewald. Außerdem ist der Heilige See natürlich in erster Linie ein See mitten in der Stadt und wird deswegen im Sommer zum Baden benutzt. Gerne. Viel. Völlig egal, ob im Park oder bei Günni fast im Vorgarten. Schätzungsweise 84,5% aller Potsdamer Gymnasiasten lagen im Schnitt 4,7 Mal bekifft oder betrunken nachts am See, haben total aufregend nackt gebadet und sich von Parkwächtern mit der MagLite ins Gesicht blenden und sagen lassen, dass “nachts der Park zu ist und man sich trollen soll.”.

Jedenfalls friert dieser See immer wenn Friedrich der Zweite einen runden Geburtstag hat oder eine Russenkälte das Land überrollt zu. Das ist schön, denn gegen das Eis haben der Grundstückspreis und die Sicherheitsvorkehrungen keine Chance. Das Eis macht alle gleich und bringt den RocknRoll in die geschützten Bereiche der Gesellschaft. Oder den Glühwein. Oder den Sport.

Womit wir beim Thema wären. Das hier ist schließlich ein ernsthaftes Sport-Blog.

Nicht nur, dass man Günther Jauch in den seltenen Tagen der geschlossenen Eisdecke in den Garten glotzen kann. (Da fallen mir übrigens zwei Sachen ein. Einerseits muss ich aufpassen, dass das nicht negativ rüberkommt, was ich über Günther Jauch schreibe. Nicht dass mir meine Arbeitgeber noch geschäftsschädigendes Verhalten vorwirft. Also Günther. Alles dufte, was Du da machst im Fernsehen. Andererseits wie schwierig es ist, einem fast 4-jährigem Kind den Status einer Fernsehprominenz zu erklären. “Das ist einer, der da wohnt, der ist berühmt, weil er im Fernsehen ist”. “Warum haben wir ihn dann heute nicht gesehen?” “… äääähm. Der hat sich wahrscheinlich gerade im Fernsehen versteckt. hmmm.”) Aber darum geht es wie gesagt nur am Rande. Wichtiger ist vielmehr die ganz wunderbare Atmosphäre, wenn Eishockeyspieler, Langläufer, Familien, Hunde und Fahrradfahrer den See in Beschlag nehmen. Voller Leidenschaft, mit Glühweinverkauf auf dem Eis, Menschen, die Schnee schieben um ein Hockeyfeld freizuräumen und einer ganz eigenen und guten Laune. Und das ist dann wirklich ein Moment, wo ich persönlich den komischen Königen ganz dankbar bin. Dafür dass sie da ein ganz nettes Ambiente fürs winterliche Sportvergnügen hingebaut haben. Macht schon mehr Spaß als am Schlaatz, wenn man das Marmorpalais im Hintergrund hat.

Ganz so, wie ich mir das für den Stadtkanal erträumt hätte, weil man da immerhin ein wenig weniger von sibirischen Temperaturen abhängig wäre. Aber egal. Ich ärgere mich nicht weiter darüber, dass man lieber alte Könige feiert ohne was aus den Bauten, die sie hinterließen zu machen. Sondern bereite mich mental darauf vor, das Kind wie die Mutti von Kati Witt auf die Pyeongchang 2018 zu trimmen. “Los. Das schafftst Du. Geht doch. Und morgen dann den Rittberger, klar? Jetzt nicht heulen! Eine Runde noch.”

In echt stimmt das natürlich gar nicht. Sondern ich freu mir nen Loch in Bauch, dass das Kind grün-weiße Schlittschuhe hat, die sogar größenverstellbar sind und hoffentlich noch zwei Winter halten. (Auch wenn die Hose farblich nicht passt) Und dass das Wetter, die Kulisse und das Licht mich vergessen lässt, dass heute fast alle Bundesligapartien unentschieden ausgingen, was a) langweilig ist und b) keiner tippt.

Raus mit Euch und Schlittschuhlaufen!

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