Casino (Kaputt?)

Solange ich mich erinnern kann, war das Casino ein baufälliger Schuppen auf dem Campus Pappelallee. Dorthin zog nach der Wende und dem Abzug der Sowjetarmee die neugegründete FH Potsdam. Viel gab es damals dort nicht. Zwei Häuser, viel kontaminiertes Gelände, Schrott, ein paar Hallen und eben dieses ehemalige Offizierskasino, was dann erst besetzt und dann als Studentenclub genutzt wurde. 1998 hatten wir dort jugendlich verkopft den ersten Auftritt unserer Kraut-Rock-Band, im morschen Dachgeschoss fanden “Russendiskos” und wodkaselige Abende für uns Nachwuchsboheme statt, das Ding war eine einigermaßen etablierte Konzertlocation im wilden Nachwende-Potsdam.

Irgendwann verlor ich das Casino aus den Augen – der Zahn der Zeit nagte weiter, gefühlt war immer irgendetwas kaputt, gesperrt oder zu. Und so eine komplette studentische Selbstverwaltung hat natürlich auch Nachteile. So gegen 2010 kam dann wieder Leben in den Laden. Auch wenn eigentlich das ganze Gebäude baupolizeilich oder aus Brandschutzgründen gesperrt war. Der ehemalige Konzertraum wurde zur Lagerhalle, zu den Klos durfte man nicht offiziell und wenn dann nur außen um das Haus herum, es durften nur noch Veranstaltungen mit maximal 200 Leuten stattfinden, etc. Trotzdem hielt die Casino AG den Laden lebendig, baute einen Tresen, veranstaltete Konzerte, Partys, usw.

Ringsherum wuchs ein neuer Stadtteil, ein neuer Campus, es entstanden hübsche neue Unigebäude, man konnte auch ganz unversifft in Regelstudienzeit seinen Bachelor machen und immer mal seltsam auf diese einzige verbliebene Ruine glotzen. Soziokulturkino.

Tja, jetzt ist das Ding seit Anfang des Jahres zu und wird saniert. Die letzte Party im “alten” Casino war im Dezember 2015 und wir haben dem Schuppen und den Menschen dort zum Ende ein Liebeslied geschrieben, einen wunderbaren Abend da gehabt und jetzt das Videomaterial mal zusammengeschnitten.

Zwischenzeitlich gibt es das CasinOtopia und das bzw. die Herangehensweise an das Ganze lässt ein bisschen hoffen, dass das Casino das alles “überlebt”. Sanierung kann man ja machen, aber das Risiko, dass währenddessen die Aura wegsaniert wird, ist doch relativ hoch. Den einstmals besten Klub der Stadt, das Waschhaus, hat es durch genau so eine Aktion hinweggerafft und er vegetiert heute künstlerisch bedeutungslos vor sich hin. (Na gut, so langsam rappelt sich der Laden wieder.)

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Ich hoffe sehr stark, dass dem Casino das erspart bleibt.

 

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