Stadtkanal und Nikolaisaalfest

Das Straßenfest zur Eröffnung des Nikolaisaals war eigentlich immer ein schöner Start in das neue Schuljahr, ein Hauch von Mittelmeer wehte durch die Wilhelm-Staab-Straße. Dieses Jahr fremdelte ich ein wenig mit der Veranstaltung. Wer viele Sitzplätze aufbaut, muss damit rechnen, dass viele Leute sitzen. Ich verstehe auch das Konzept, eine Band spielt 30 Minuten, macht eine halbe Stunde Pause, dann spielt dieselbe Band spielt wieder 30 Minuten, nicht.

Aber egal, typischer für diese possierliche Provinzhauptstadt, war die Posse um das Mitternachtsbaden im Stadtkanal. Das Ding, welches ich ja gerne als Eisbahn sähe, führt bekanntlich mittlerweile nur noch einmal im Jahr Wasser, am Wochenende des Kanalsprints. Schönstes, klares, deutsches Trinkwasser. Insofern liegen Flashmob-Ideen wie “Lass uns doch da eine Runde baden gehen” nahe. Das läuft jetzt schon seit ein paar Jahren, allein dieses Jahr hat “jemand” den Aufruf bei Facebook entdeckt und schritt ein. (Facebook ist also eigentlich schuld.) Dann wurde sich echauffiert (Wie kann man nur !11!), gedroht und mit Paragraphen geschmissen. Und irgendein Praktikant musste ein Verbotsschild laminieren, weil der Kanal kein öffentliches Straßenland nach Paragraph Dings ist.

Ein besseres Zeichen dafür, wie gut es uns geht, egal, was Populisten oder Verschwörungstheoretiker gerade im Internet oder Wahlkampf erzählen, kann es eigentlich nicht geben. Da beschäftigen sich ernsthaft Menschen in ihrer Arbeitszeit mit, suchen nach Paragraphen, drohen anderen Menschen und verbreiten einen Stress, als ob es um die Entwicklung einer neuen Raumstation geht. Aber klar: Dakönntejajederkommen. Hausrecht. Aber ich habe den Kanal doch gemietet. (Übersetzungsservice für Lokalpolitiker: So etwas ist übrigens u.a. gemeint, wenn Jugendliche oder soziokulturell engagierte Menschen von Freiräumen sprechen) Nächstes Jahr wird sicherlich der alljährliche Seifenblasenflashmob auf dem Platz der Einheit in das Fadenkreuz der Verwaltung/Straßenverkehrsbehörde/etc geraten, weil dieses Stück kein öffentlich gewidmetes Seifenblasenabspielland ist und überhaupt.

Im Sinne der Ruhe und Ordnung gab es jetzt also ein langweiliges Sitz-Straßenfest und keinen Flashmob. Chance vertan. Hätte eine schöne generationsübergreifende und verbindende Nacht werden können.

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