Sportkonsumtagebuch #23

Freitag
Pünktlich zum Wochenende streckte es mich nieder. Ich bezweifle allerdings, dass mein Interesse an der Bundesliga bei vollster Gesundheit höher gewesen wäre. Freiburg gegen Frankfurt war zwar Platz 5 gegen 4, roch aber vom Breisgau bis nach Potsdam nach dem, was es dann wurde – ein taktisch wahrscheinlich höchst anspruchsvolles 0:0

Samstag
Der Plan war schön, wurde aber durch ein schier unerschöpfliches Schlafbedürfnis gekillt. Nach den Erledigungen für die große Kindergeburtstagsparty, die demnächst ansteht, zog es mich mit aller Macht ins Bett. Und nach meinem Krankheitsmittagsschlaf war es dann plötzlich schon 16:00 Uhr, nichts mit gemütlich Dinge erledigen und dabei Bundesliga sehen und hören. Ich sah dann noch, wie München die Bremer und Hannover die Hamburger zerlegte. Nett. Ansonsten versuchte ich nicht an die ganzen Dinge zu denken, die ich eigentlich vorhatte. Es ging mir wahrscheinlich wie Rene Adler. Gebrauchter Tag und so.

Sonntag
Aaaah. Einmal richtig gut schlafen und schon sieht die Welt besser aus. Vielleicht muss Hoffenheim auch nur einmal wieder richtig ausschlafen und dann wird das schon mit dem Klassenerhalt. Aber wie soll man richtig ausschlafen, wenn die ganze Zeit kübelweise Häme bzw. sinnentleerte Durchhalteparolen über einem ausgekippt werden. Fußball ist Sport, impliziert also durchaus die Möglichkeit des Scheiterns. Egal ob als Traditionsverein oder als “Projekt”. Ansonsten wartete der Tag mit zwei Unentschieden auf, die ich zutiefst verabscheue, weil ich sie in den diversen Tippspielen nicht vorhergesehen habe. Als Kompensation habe ich mir abends noch “Moneyball” mit Brad Pitt angeschaut. Schöner Film. Und das bei Sportfilmen ja selten.

Montag
Nochmal Hoffenheim. So wie alle sich offensiv freuen, dass die vielleicht absteigen, kriege ich reflexhaft Mitleid. Auch wenn ich den Klub eigentlich gar nicht leiden kann. Das hat allerdings nichts mit dem dusseligen Traditionsgeschwafele zu tun. Tradition ist ja – sagt zumindest der Duden etwas, was im Hinblick auf Verhaltensweisen, Ideen, Kultur o.?Ä. in der Geschichte, von Generation zu Generation [innerhalb einer bestimmten Gruppe] entwickelt und weitergegeben wurde [und weiterhin Bestand hat]. Selbst das Wort Traditionsverein kennt der Duden und beschreibt damit einen Verein, der eine lange Tradition hat. In der Bundesliga haut man ja gerne auf Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim rum, weil die angeblich keine Traditionsvereine sind. Den VfL Wolfsburg gibt es seit 1945, Bayer 04 Leverkusen seit 1904. In Hoffenheim führen sie ihre Anfänge gerne auf 1899 zurück. Das ist vielleicht ein sinnloser Marketinggag, aber eine Tradition im Wortsinn ist da auch vorhanden. Laut Watzke, Bruchhagen und anderen nehmen diese untraditionellen Werkstraditionsvereine ja den echten Traditionsvereinen die Startplätze in der Bundesliga weg. Es ist mir allerdings neu, dass die Dimension “Tradition” oder “Geschichte” im sportlichen Wettstreit eine Rolle spielte bzw. spielen sollte. Ich stelle mir das auch für die Schiedsrichter schwer vor. “Nein der war nicht im Abseits, der ist ja von 1904, da darf er zwei Meter weiter vorne stehen”.

Sicherlich, das “Mäzenatentum” sei es von Unternehmensseite oder von Seiten einer Privatperson, kann man kritisieren, aber wo ist eigentlich das Problem? Der gesamte Profisport ist eine durchweg kommerzialisierte Angelegenheit. Das ist mittlerweile bekannt und akzeptiert. Und dann kommt die Kritik auch noch von den Typen von Borussia Dortmund, die vor nicht all zu langer Zeit mit dem Börsengang und dem folgenden Transferwahnsinn, auch so einige Tabus brachen. Wahrscheinlich ist das alles Lobbyismus, aber nerven tut es mich trotzdem. Wie sollte denn bitte jemals frisches Blut in die Bundesliga kommen? Muss – jedesmal, wenn ein schlecht geführter Traditionsverein wie bspw. Hertha oder Köln absteigt – eine ebenso inkompetente Truppe aufsteigen? Das wäre ja erbärmlich. Außerdem weise ich an dieser Stelle gerne mal darauf hin, dass sich Tradition durchaus entwickeln kann. Wenn VW noch eine Weile durchhält, wandelt sich das Bild vielleicht auch zu so etwas wie beim FC Schalke – Arbeiterverein und so. Der FC Augsburg ist übrigens von 1969. Sind sie deswegen doof? Ach nee, die haben ja kein Geld, also ist es egal. Das Fass der ostdeutschen Vereine und deren Werdegang nach der Wiedervereinigung mach ich an dieser Stelle gar nicht erst auf.

Ich mag Hoffenheim trotzdem nicht und dieser Artikel sagt sehr gut, warum.

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