Tour de France – Die Aufbereitung

Wir kommen der Sache näher. Wie wird (bzw. wurde) die Tour im Fernsehen aufbereitet? Welche Ansätze gibt es zur Erzeugung von Spannung? Welche Ebene hat dabei welche Funktion. Was das alles soll, steht hier. Dort gibt es auch ein Inhaltsverzeichnis, welches sich ganz von Zauberhand langsam mit Links füllt.

5. DIE AUFBEREITUNG DER TOUR DE FRANCE IM FERNSEHEN

5.1 Der Jan Ullrich-Faktor
2003 war auch das Jahr der triumphalen Rückkehr von Jan Ullrich, dem ersten deutschen Toursieger und gefallenen Helden. Durch die unerwartete Leistung des Symbols des deutschen Radsportes erfuhr die Tour 2003 natürlich eine viel höhere Aufmerksamkeit. Die Fokussierung auf Jan Ullrich war gerade im deutschen Fernsehen extrem. Die folgende Analyse der einzelnen Komponenten der Inszenierung der Tour de France geht auf diesen Faktor nicht näher ein. Die Beschreibung der Rolle des Sportlers als Marke und Mythos würde hier den Rahmen sprengen.
Es liegt auf der Hand, dass die Existenz eines chancenreichen, nationalen Sportlers eine Steilvorlage für eine heroische Inszenierung bietet. Noch dazu, wenn die persönliche Geschichte mit solchen Extremen wie dem kometenhafter Aufstieg, dem folgenden tiefen Fall inklusive Drogenkonsum und Verletzung und der Wiederauferstehung gespickt ist. Die Grundmuster bei der Inszenierung der Tour de France werden aber deswegen nicht außer Kraft gesetzt. Die Tour 2003 war auch deshalb wirksamer und präsenter in der Öffentlichkeit, weil das erste Mal nach Jahren der Dominator Lance Armstrong ernsthafte Konkurrenz bekam und Schwächen zeigte.

5.2 Sportimmanente Faktoren
Grundlage der Inszenierung ist immer das sportliche Ereignis selbst. Je mehr publikumswirksame Faktoren die Sportart hergibt, desto stabiler ist die Basis, auf der die TV-Sender ihre Übertragung aufbauen. Bei der Tour de France sind diese Faktoren durchaus vorhanden, problematischer Weise verteilen sie sich auf eine große Zeitspanne und eine lange Strecke.

Im Gegensatz zu Ballsportarten geht es bei der Tour de France um die pure Leistungsfähigkeit, die Kraft der Athleten. Auf der einen Seite duellieren sich die besten Sprinter, auf der anderen Seite die Ausdauer- und Bergspezialisten. Das Ideal der absoluten Leistungsfähigkeit steht im Mittelpunkt. Radfahren an sich hat auch einen ästhetischen Wert, aber es gibt nicht wie im Fußball Tricks oder Kunststücke, die das Publikum begeistern.

Radsport ist wie bereits erwähnt eine Mannschaftssportart, die taktischen Finessen werden aber vom Publikum kaum wahrgenommen und spielen deshalb auch bei der Inszenierung keine wahrnehmbare Rolle. Im Fokus der Öffentlichkeit steht der Kampf Mann gegen Mann und die Frage: „Wer ist der Stärkere?“ Diese Leistung wird durch das Leiden der Athleten, ihren Kampf sichtbar. Außerdem hat jeder Mensch einen Bezug zum Radfahren und kann deshalb einschätzen, was es bedeutet, mit 40km/h 4000 Kilometer in drei Wochen durch Frankreich zu fahren. Das Publikum kann diese Leistung würdigen und sich an der Stärke der Athleten begeistern.

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