Tour de France – Inszenierung und Dramatisierung von Sport im TV

Der Schluss vom allgemeinen Teil, eine Zusammenfassung des Themas “inszenierung und Dramatisierung von Sport im TV”. Was das alles soll, steht hier. Dort gibt es auch ein Inhaltsverzeichnis, welches sich ganz von Zauberhand langsam mit Links füllt.

2.10 Zusammenfassung und Ausblick
Sport wird durch die mediale Aufbereitung zu einem fernsehspezifischen Spiel. Es ist eine Illusion anzunehmen, dass es dabei sich bloß um die Übertragung eines Wettkampfes handelt. Sport im Fernsehen weist eine größere Gemeinsamkeit mit den Showformaten auf, als im Allgemeinen vom Zuschauer angenommen wird. Der Einbruch der Realität in diese inszenierte Welt wird über das Live-Erlebnis gewährleistet. (Adelmann/Stauff in Schwier, 2002)

Die Fernsehsender finden bei der Bearbeitung der sportlichen Wettkämpfe eine Vielzahl von Möglichkeiten, das Geschehen dramatisch aufzuarbeiten. Durch die plotlose Struktur des Geschehens bleibt ihnen Raum verschiedene Prinzipien zu inszenieren. Typische Muster sind dabei die Stilisierung von Leistung und ihrer Echtheit, Erfolg, Niederlage, aber auch die Inszenierung des körperlichen Schönheitsideals.

Sportwettkämpfe sind auch immer serienfähig. Sie laufen als Teil der populären Kultur permanent in Ligen, Meisterschaften und Olympischen Spielen. Wenn eine Saison abgeschlossen ist, ein Sieg gefeiert ist, beginnt wenige Zeit später die Fortsetzung. Einzig die Athleten ändern sich von Zeit zu Zeit. Natürlich spielt das Starpotential der Aktiven bei der Inszenierung eine Rolle. Eine Blütezeit einer Sportart im Fernsehen ist oft mit dem überragenden Erfolg eines Athleten aus dem Heimatland verbunden. Da die Sportler aber in ihrem Drama Wettkampf selbst keine Botschaft transportieren, diese vielmehr durch die Rahmenbedingungen bestimmt wird, ist es den Sendern möglich auf fehlende Helden zu reagieren bzw. neue Helden zu schaffen. Durch die technische Entwicklung, die Miniaturisierung von Kameras und Mikrofonen ist es immer besser möglich geworden, die gewünschte Inszenierung mit allen Mitteln der Kunst zu realisieren, so dass der ZDF Slogan „Wintersport hautnah“ wirklich zutrifft. Mittlerweile sind Sport, Medien und Wirtschaft so eng miteinander verknüpft, dass das Fernsehen beispielsweise selbst beim Reglement bestimmter Sportarten aktiv werden kann. Es dient als Multiplikator vielfältigster Interessen und weiß um seine Macht. Für das eigene Ziel der hohen Zuschauerzahlen wird diese Macht dann eingesetzt, um die Sportart oder die Sportler für das Publikum bzw. die Werbekunden attraktiver zu machen. Auch wenn die Inszenierung in Deutschland bedingt durch die große Konkurrenz auf dem Fernsehmarkt immer professioneller wird, ist auf diesem Gebiet Amerika eindeutiger Spitzenreiter. Nirgendwo anders ist der Showcharakter offensichtlicher. Nicht umsonst kommt die bekannteste reine Show-Sportart Wrestling aus den Vereinigten Staaten. Hier ist die Realität bzw. das Live-Erlebnis komplett ausgeblendet. (Friedrich in Schwier 2002) Trotz dieser scheinbar klaren Orientierung zu amerikanischen Verhältnissen gibt es verschiedene Theorien, wie sich die Inszenierung entwickeln könnte. Naheliegend wäre diese schrittweise Anpassung an die Herangehensweise der amerikanischen Fernsehsender. Durch den anderen Stellenwert von Sport, die andere Fankultur in Europa und Deutschland ist es aber auch möglich, dass das Bedürfnis des Zuschauers nach Natürlichkeit die Entwicklung bremst. Die Echtheit der erbrachten Leistungen dient in Europa auch mehr als in den USA als Basis für alle Inszenierungen. Gerade deshalb ist das Doping, das dieses Natürlichkeitsversprechen des Sports bricht, der große Feind. Chancengleichheit der Aktiven wäre schließlich auch gegeben, wenn alle Athleten ihre Leistungen durch Hilfen der Pharmaindustrie steigern würden. Beim Abbild des Sportes in den Medien gibt es schon heute nur ein „ganz oben“ oder ein „ganz unten“ bzw. „nicht vorhanden“. So hat man das Gefühl, dass es in der heutigen Sportwelt nur noch Athleten gibt, die man entweder anbeten oder kreuzigen sollte. Eine logische Entwicklung, zieht man die Inszenierung, die natürlich immer neue Nahrung braucht, in Betracht. Falls der Mediensport allerdings die Basisbedingungen für die Inszenierung, das Echtheitsversprechen und die Ansprüche der gewachsenen Fankultur unterminiert, könnte laut Franke auch eine Gegenbewegung möglich sein. Er vergleicht die mögliche Entwicklung mit der Krise des opulenten Ausstattungstheaters und der Herausbildung des „neuen Realismus“ von Brecht. Immer wenn die Show zu sehr im Vordergrund steht, bzw. aus wirtschaftlichen Interessen Gewohnheiten geändert wurden, machte sich eine Kritik an „zu viel Show“ auch in der Öffentlichkeit bemerkbar. (Franke 2001) Es kristallisiert sich in den Medien mehr und mehr der Wunsch nach „echten Helden“ heraus. Wenn eine Sportart gerade nicht den gewünschten Quotenerfolg bringt, wird auch oft von „fehlenden Persönlichkeiten“ gesprochen. Allerdings ist es natürlich eine Illusion zu glauben, diese Persönlichkeiten entstehen in einer medienfreien Welt und werden dann vom Fernsehen nur übertragen. Die Aufgabe der Medien wird es in der Zukunft also sein, Sportveranstaltungen und Sportler mit dem Wissen, um die Wünsche der Zielgruppe nach Authentizität zu inszenieren. Diese Entwicklung schlägt sich in vielen Phrasen der Kommentatoren auch schon nieder. Oft hört man jubilierende Sprecher, die markante Persönlichkeiten mit Sätzen wie „Er nimmt halt kein Blatt vor den Mund“ oder „Er ist schon ein Typ“ feiern.

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